Fußball Die große Krise von Borussia Dortmund

Nach wochenlanger Tabellenführung herrscht beim BVB in der Liga Frust. Und nach dem 1:1 gegen Nikosia ist der Tiefpunkt in der Champions League erreicht.

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Dortmund. Die Liebe der Fans ist echt, aber sie ist nicht bedingungslos. Wann hat man es bei einem Heimspiel Borussia Dortmunds in der Champions League schon einmal erlebt, dass Plätze auf den Rängen frei bleiben? Die Anhängerschaft von Schwarz-Gelb hat ein feines Gespür für Entwicklungen, Tendenzen und Stimmungen.

Durch das peinliche 1:1 (1:0) gegen Apoel Nikosia ist das Ausscheiden aus der Champions League nur noch theoretisch zur verhindern. Realistisch ist es nicht. Was das Klima rund um den Borsigplatz nicht verbessern wird. Mehr noch: Mit bislang zwei Punkten aus vier Spielen verbucht der BVB die schwächste Königsklassen-Bilanz der Vereinshistorie. Diese beiden einzigen Zähler haben die Auserwählten von Trainer Peter Bosz bezeichnenderweise gegen die Fußball-Zwerge aus Zypern eingefahren. Sogar das Erreichen der Europa League ist jetzt in höchster Gefahr. Nur das bessere Torverhältnis trennt die Borussia noch von dem fußballerischen Leichtgewicht.

Was ist nach dem grandiosen Start in der Bundesliga mit der Mannschaft des Niederländers passiert? Offenbar ist den Schwarz-Gelben in nur kürzester Zeit jegliches Selbstvertrauen abhanden gekommen. Die Leichtigkeit ist weg, die Unbekümmertheit, das Fröhliche. Stattdessen trägt jeder einzelne Spieler sinnbildlich einen Rucksack mit sich herum, in den jemand heimlich Ziegelsteine gestopft haben könnte. Man könnte auch von Angst sprechen´. "Das war ein gebrauchter Tag", sagte Mario Götze, nachdem das gleichermaßen Unfassbare wie Blamable passiert war. Der Mittelfeldspieler hatte noch zu den besseren Dortmundern gehört, ohne wirklich gut zu sein.

Diesmal war es keine Frage der Taktik gewesen, welche dem Gastgeber die nächste Enttäuschung eingebrockt hatte, nachdem es nun in den vergangenen sechs Pflichtspielen nur einen Sieg nach zuvor wochenlanger Tabellenführung gab. Deshalb hatte es Diskussionen über die offensive Taktik von Bosz gegeben. Nun aber brauchten die Zyprioten nur einmal aufs Tor zu schießen, um einen Punkt mitzunehmen. Der Ausgleich durch den Ex-Dresdner Zweitliga-Kicker Mickael Poté (52.) war durch eine Mischung aus Ömer Topraks Inkonsequenz und Raphael Guerreiros Halbherzigkeit zustande gekommen. Wobei Letzterer trotzdem Dortmunds Bester war und nicht rein zufällig nach exzellenter Vorarbeit von Shinji Kagawa für die 1:0-Führung gesorgt hatte (29.). Dortmund visierte 26-mal das Tor der Gäste an, war dominierend, war beherrschend. Das Endergebnis verdeutlicht das krasse Missverhältnis zwischen den steten Bemühungen und dem erschütterndem Ertrag eindrucksvoll. Der Kopf macht nicht mit.

Dass die Durchhalteparolen von Peter Bosz ("Kopf hoch, hart arbeiten, kämpfen") und Kapitän Marcel Schmelzer ("Wir müssen jetzt zusammenstehen") den Herbstblues beim BVB flott vertreiben können, fällt schwer zu glauben. Noch weniger erschließt sich Bosz´ arg optimistische Denke,dass es "vielleicht auch ein guter Moment sein kann, am Samstag auf die Bayern zu treffen". Er sagte: "Ein Sieg ist die beste Medizin." Warum der DFB-Pokal-Erfolg kürzlich in Magdeburg dann offenbar nur ein Placebo war, auf welchen die Enttäuschungen in Hannover (2:4 aus BVB-Sicht) und gegen Nikosia folgten, sagte er nicht.