Eigentliche Derbys rücken für 96 immer näher

Hannover (dpa) - Vielleicht war es schon der Gedanke an das eigentliche Niedersachsen-Derby in der kommenden Saison gegen Braunschweig, der Martin Kind vorzeitig flüchten ließ.

Foto: dpa

Noch vor dem bitteren 0:4 (0:1) gegen den VfL Wolfsburg hatte der Clubchef von Hannover 96 mal wieder seinen unerschütterlichen Zweckoptimismus kund getan. „Ich bin überzeugt, dass wir drin bleiben“, hatte Kind gesagt und sogar behauptet, „nur für die 1. Liga zu planen“. Dabei hatte Sportchef Martin Bader bereits das Gegenteil verkündet.

Am Dienstagabend erhielt Kinds Optimismus dann angesichts des Club-Negativrekords von zehn Heimniederlagen in dieser Saison einen herben Dämpfer. Schon nach André Schürrles Dreierpack (36. Minute, 59., 62.) hatte Kind entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten genug gesehen und das Stadion verlassen. Julian Draxlers 0:4 (69.) bekam der Unternehmer schon nicht mehr mit.

Nur drei Tage nach dem 2:1 in Stuttgart scheint die vage Hoffnung des mit nur 17 Pünktchen aus 24 Spielen Tabellenletzten auf eine neue Chance im Kampf gegen den Abstieg wieder zerstört. Lediglich Trainer Thomas Schaaf wehrte sich nach der Klatsche mit Händen und Füßen gegen die Negativstimmung: „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Die spielen Champions League, auch wenn die zuletzt nicht so überragend gespielt haben. Trotzdem muss man sich nur mal angucken, wer bei denen alles spielt und wer bei uns spielt.“

Bei den Spielern war dagegen bereits Resignation zu spüren. „Wir müssen ja weiterspielen“, meinte etwa Torhüter Ron-Robert Zieler nach der seiner Meinung nach „brutalen“ Niederlage. Auch Abwehr-Routinier Christian Schulz war ratlos. „In der zweiten Halbzeit waren wir 15, 20 Minuten lang vogelwild. Das stößt bitter auf“, sagte Schulz, der noch in Stuttgart Hannovers Matchwinner mit zwei Toren gewesen war.

„Das war ein bisschen Achterbahn. Die Englische Woche bietet viel. Am Samstag haben wir die Möglichkeit, wieder ins Geschehen reinzukommen. Wir fahren nach Bremen, um das Spiel zu gewinnen“, sagte Schulz vor dem Duell beim direkten Konkurrenten am Samstag. Sollte 96 auch dieses Spiel verlieren, dürfte der erste Bundesliga-Abstieg nach 1989 kaum noch zu verhindern sein. Und damit auch die Duelle, die in Hannover einzig und allein als Derby durchgehen: Die gegen Eintracht Braunschweig - aber eben in der zweiten Liga.

Ein Schreckgespenst für viele 96er. Einen Vorgeschmack auf mögliche hässliche Seiten des Derbys bekamen die nur 34 500 Zuschauer bereits vor dem Spiel am Dienstag. Einige Wolfsburger Anhänger zündeten Pyrotechnik und jagten eine Rauchbombe sogar direkt auf die 96-Bank. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt, auch wenn Hannovers Arzt getroffen wurde. „Unser Doc wurde erwischt, die Hose ist angekokelt“, berichtete ein 96-Sprecher.

Der VfL muss mit einer empfindlichen Strafe rechnen, der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes leitete bereits ein Verfahren ein. „Unsere Fans haben sich daneben benommen. Wir müssen uns bei Hannover 96 entschuldigen“, sagte Wolfsburgs Coach Dieter Hecking. Wesentlich deutlichere Worte waren von 96-Coach Schaaf zu hören: „Wer sowas macht, ist schwach im Kopf. Wenn ich so ein Risiko eingehe, dann hat etwas nicht funktioniert im Kopf.“