Emre Can — von Bayern zu Bayer

Bayer Leverkusen hofft auf die Hamburger Son und Seeler-Enkel Öztunali — und auch auf einen kleinen Star vom FC Bayern.

Leverkusen. Im Moment drehen sie sich bei Bayer Leverkusen wieder um sich selbst. Das ist nicht neu, zeigt aber das Dilemma: Der Club geht trotz aller sportlichen Erfolge immer noch als vermeintliche graue Maus durch. Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser — noch bis zum 30. September dieses Jahres im Amt — bemängelte erst jüngst, dass sich für den Klub „bundesweit keiner interessiert“. Eine Düsseldorfer Werbeagentur wird nun am Image des Clubs schrauben. Am Freitag gelang freilich ein Aufsehen erregender Transfer: Vom Rekordmeister FC Bayern kommt das hochgepriesene Fußball-Talent Emre Can. Sechs Millionen Euro kostet der 19-Jährige, der einen Vertrag für vier Jahre unterschrieb. „Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass er uns in den kommenden Jahren entscheidend weiterhelfen kann“, sagt Holzhäuser.

Trainer Sami Hyypiä ist nach dem Rückzug von Partner Sascha Lewandowski in den Jugendbereich jetzt auch allein. Die Brust ist noch leer, ein Trikotsponsor, der nach den Pleiten mit Teldafax und Sunpower ein langfristiger Partner sein soll, ist vorerst nicht in Sicht. Dafür könnte Bayer wieder eine gute Rolle in der Liga spielen.

War der tatsächliche Schlussmoment: Als Stefan Kießling am letzten Spieltag in der 90. Minute beim HSV an René Adler vorbeimarschierte und seinen 25. Treffer markierte. Damit hatte sich der 29-Jährige als Integrationsfigur des Clubs die Torjägerkrone aufgesetzt. In einem Verein, der seit vielen Jahren in der Spitze mitspielt, aber nie Titel gewinnt, erfuhr dieser Triumph des Torjägers mehr Wertschätzung als anderswo.

Sie scheint in sich zu ruhen und verändert sich doch. Weil Bayer in der Breite sehr viel besser als zuletzt aufgestellt zu sein scheint. Den Abgang von André Schürrle zum FC Chelsea dürfte Heu-Ming Son vom HSV ausgleichen. Schürrle war nie wirklich in Leverkusen angekommen. Der Italiener Giulio Donati wird als rechter Verteidiger eine Rolle spielen, tritt aber als Nachfolger von Daniel Carvajal ein schwieriges Erbe an. Mit dem 32-jährigen Innenverteidiger Emir Spahic aus Bosnien-Herzegowina kam ein Charakter, der die Konkurrenten Toprak und Wollscheid besser machen sollte. Im Mittelfeld tummelt sich nun auch noch mit Can spielerische Klasse in Vielzahl. Robbie Kruse (aus Düsseldorf) wird noch Zeit brauchen, der hochtalentierte Jens Hegeler muss endlich seinen Durchbruch schaffen. Lars Bender, Stefan Reinartz, Gonzalo Castro und Simon Rolfes sind bestehende Säulen des Teams. Und vorne? Sollte Stefan Kießling, dessen Vertrag gerade bis 2017 verlängert wurde, treffen. Der Gute machte auch in der Vorbereitung dort weiter, wo er aufgehört hat.

Alle Anlagen dazu hat ein alter Bekannter: Sidney Sam — wenn er denn mal eine verletzungsfreie Saison spielen könnte. Natürlich erhofft sich Bayer auch ganz viel von den Millionen-Einkäufen Son und Can. Neueste Leverkusener Hoffnung aber ist mit Levin Öztunali ein 17-Jähriger. Der kam mit Mediengetöse vom HSV, vor allem, weil er der Enkel von Uwe Seeler ist. Öztunali hat eine starke Vorbereitung gespielt und bringt alles mit, den Mut seines Trainers herauszufordern. Wer sonst als ein Seeler-Enkel könnte Bayer Leverkusen auf der erneut verzweifelt geführten Suche nach nationaler Anerkennung behilflich sein?

“ Prognose: Bayer 04 streitet sich mit Schalke um den dritten Rang. Und verliert dieses Mal.