Erinnerung an eine Ehrenrunde: Rückkehrer Rangnick
Gelsenkirchen (dpa) - Ralf Rangnick kann mit gutem Gewissen nach Schalke zurückkehren. Bei seinem Abgang am 13. Dezember 2005 hatte sich der Trainer formvollendet entschuldigt.
Während einer Pressekonferenz bat der Fußball-Lehrer um Verständnis für seine Ehrenrunde vor (!) dem 1:0-Sieg gegen den FSV Mainz 05. „Ich kann verstehen, dass einige Spieler und der Vorstand das als Provokation aufgefasst haben“, erklärte er damals. „Aber für mich war das eine absolute emotionale Ausnahmesituation.“
Nach 15-monatiger Amtszeit hatte Rangnick seinen Rückzug für den Sommer angekündigt - und musste dann ganz schnell die Bank räumen, wie er bei jenem skurrilen Szenario vor den Fans ahnte. Für Manager Rudi Assauer, der bei den Königsblauen längst nicht mehr am Ruder ist, war die Ehrenrunde ein Affront. Jetzt ist Rangnick wieder in Gelsenkirchen gelandet und der 52-jährige Schwabe kann seinen unbändigen Ehrgeiz, der ihn kaum eine Minute ruhen lässt, wieder ausleben.
Erst am Neujahrstag verließ Rangnick 1899 Hoffenheim, nachdem Leistungsträger Luiz Gustavo zum FC Bayern München verkauft worden war und sich einige Risse in seinem Verhältnis zum mächtigen Mäzen Dietmar Hopp aufgetan hatten. In viereinhalb Jahren hatte der Coach glänzende Arbeit geleistet und den einstigen Dorfclub von der Regionalliga bis zur Herbstmeisterschaft 2008 in der Bundesliga geführt.
Nach seinem Ausstieg in Hoffenheim gönnte sich Hobby-Golfer Rangnick kaum Urlaub. Schnell machte sich der Trainer mit der Vorliebe für englischen Fußball wieder auf, um quer durch Europa zu reisen und sich Spiele anzuschauen. Da in der Bundesliga zuletzt ein Trainer nach dem anderen kippte, war der Sport- und Englischlehrer ganz schnell wieder im Gespräch: beim Hamburger SV, VfL Wolfsburg und auf Schalke.
Seit mehr als zehn Jahren ist Rangnick nun im Bundesliga-Geschäft und er gilt als exzellenter Fachmann, der wegen seiner Verbissenheit und Ungeduld aber nicht gerade pflegeleicht ist. Rangnick hat aber immer große Ziele und einen präzisen Plan, wie er schon bei seinem aufsehenerregenden „Sportstudio“-Auftritt 1998 bewies: Seit er auf einer Tafel Fußball-Deutschland seine Taktik erklärte, gilt der einstige Amateurkicker als Miterfinder der Vierer-Abwehrkette.
Seine ersten ganz großen Erfolge feierte er mit dem SSV Ulm 1846 in der zweiten Liga. Bei seinem „Heimatverein“ VfB Stuttgart scheiterte er dann an Stars wie Krassimir Balakow, die sich der schützenden Hand von Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder sicher sein konnten. Hannover 96 führte Rangnick 2001/2002 in die erste Liga und landete im ersten Jahr auf Rang elf. Nach einer Negativserie 2004 wurde er entlassen und unterschrieb ein halbes Jahr später bei Schalke. Dort machte der Familienvater aus einem Abstiegskandidaten einen Titelmitfavoriten, ehe es in der nächsten Saison stockte und Rangnick gehen musste.