Experte: Hoeneß als Aufsichtsrat unglaubwürdig
Berlin (dpa) - Für Unternehmens-Experte Henning Herzog ist es unverständlich, dass Uli Hoeneß trotz der Anklage wegen Steuerhinterziehung weiterhin Aufsichtsrats-Vorsitzender beim FC Bayern München ist.
Es sei fraglich, ob eine Person, die sich selbst wegen Steuerbetrug angezeigt hat, fähig ist, einen Aufsichtsrat zu führen. „Die Frage ist, ob das noch zu vertreten ist. Da habe ich persönlich Bedenken“, sagte Herzog, Professor für BWL, Governance, Risk and Compliance an der Quadriga-Hochschule Berlin der Nachrichtenagentur dpa.
„Aufgabe eines Aufsichtsratsmitgliedes ist es u.a. auch, durch sein Einwirken sicherzustellen, dass sämtliche relevanten Gesetze durch das zu beaufsichtigende Unternehmen eingehalten werden“, sagte Herzog. Jetzt sei „aufgrund des gesamten Sachverhaltes die Glaubwürdigkeit des Aufsichtsrates infrage gestellt.“
Besonders schwer wiegt für den Compliance-Experten, dass Hoeneß wohl nicht unbedacht handelte: „Nach Herrn Hoeneß' eigenen Aussagen ist dies über Jahre passiert und war kein einmaliges Vergehen, sondern etwas, das systematisch stattgefunden hat.“ Bei einem Dax-Konzern, der sich an die Compliance-Regeln halten muss, wäre Hoeneß nicht zu halten, sagte Herzog.
Da die FC Bayern AG aber kein Dax-notiertes Unternehmen ist, gelten die Regeln dort nicht zwingend. „Über das Aktienrecht hinaus gibt es keine juristischen Möglichkeiten Herrn Hoeneß abzuberufen, denn dies liegt auch vielmehr in der Verantwortung der Hauptversammlung und der anderen Aufsichtsratsmitglieder“, erklärte Herzog.
Doch auch die anderen Aufsichtsratsmitglieder des FC Bayern müssten für die Compliance-Vorschriften der Unternehmen einstehen, von denen sie entsandt worden sind. „Da habe ich erneute Bedenken“, ergänzte Herzog. „Sie (Dax-notierte Unternehmen) sind u.a. dem Deutschen Corporate Governance Kodex verpflichtet.“
Hoeneß hatte dem Aufsichtsrat selbst vor knapp drei Monaten angeboten, seine Ämter vorerst ruhen zu lassen. Das Angebot lehnte das Gremium damals einstimmig ab. Unternehmens-Experte Herzog hätte dem Aufsichtsrat empfohlen, dieses Angebot anzunehmen.
Als Präsident habe Hoeneß zwar viel für den Verein getan. Das sei auch unbestritten, gibt auch Herzog zu bedenken. In dieser Funktion bekäme er jetzt viel Rückhalt von seinem Verein und den Fans. Doch als Aufsichtsrats-Vorsitzender sei seine Integrität gefährdet.