Experten über Hoeneß-Interview - „Hilferuf“
Berlin (dpa) - Die umfangreiche Beichte von Uli Hoeneß zu seinen Steuersünden stellt nach Ansicht eines führenden PR-Experten vor allem einen Hilferuf dar.
„Ich habe nicht den Eindruck, dass es sehr strategisch geplant ist. Es hat eher was Impulsives“, sagte Wigan Salazar, Chef der MSL Group Germany, in Berlin der Nachrichtenagentur dpa. „Es war ein Hilferuf.“ Erstmals hatte der Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München in einem „Zeit“-Interview ausführlich zu seinem brisanten Steuerfall Stellung genommen.
Einen bewussten taktischen Schachzug kann Salazar in dem Gang an die Öffentlichkeit nicht ausmachen. „Für mich ist keine Strategie erkennbar.“ Erst habe Hoeneß gesagt, dass er sich „länger auf die Zunge beißen“ müsse, um nun ein Exklusiv-Interview zu geben. „Insofern ist das nicht unbedingt strategisch zu sehen“, betonte der promovierte Wirtschaftshistoriker, der Hoeneß unter anderem geraten hätte, „ein bisschen früher“ an die Öffentlichkeit zu gehen.
„Klug“ sei es aber auf jeden Fall gewesen, in dem Interview ausführlich Reue zu äußern. „Das ist die Voraussetzung dafür, dass sich zu einem gegebenen Zeitpunkt die Diskussion wenden kann“, sagte Salazar und betonte: „Ich unterstelle jetzt keine Prozesstaktik.“
Nach Expertenansicht muss sich Hoeneß bis zur endgültigen Klärung seiner Steueraffäre allerdings noch Monate gedulden. Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Die Ermittlungen sind außerordentlich mühevoll, da die Steuerfahnder allen Bewegungen auf dem Schweizer Konto von Uli Hoeneß nachgehen und dies mit den Angaben aus seiner Selbstanzeige abgleichen müssen.“ Das könne drei bis fünf Monate dauern.
Es müsse geprüft werden, ob alles vollständig ist und niemand wird sich einen Fehler erlauben wollen. „Wenn die Steuerfahnder Unvollständigkeiten feststellen, müssen sie die Staatsanwaltschaft darauf aufmerksam machen, dass es keinen Strafaufhebungsgrund gibt.“ Wenn die dann der Einschätzung folge, müsse sie Anklage erheben.
Hoeneß setzt weiterhin darauf, straffrei davonzukommen. Er sei „nach wie vor davon überzeugt, dass meine Selbstanzeige, in der ich reinen Tisch gemacht habe, wirksam ist“, sagte Hoeneß im Interview.