Fink mit HSV ohne Angst gegen Bayern
Hamburg (dpa) - Die Frage nach dem „Bayern-Gen“ kann Thorsten Fink nicht mehr hören. Dauernd wird der Chefcoach des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV nach den Trainingseinheiten am Volkspark gefragt, ob er diese spezielle Mentalität zum Siegen in seiner Zeit bei Bayern München verinnerlicht habe.
„Dieses Gen bedeutet, dass man Niederlagen einstecken kann, aber danach unbedingt wieder siegen will“, erklärt der 44 Jahre alte ehemalige Bayern-Profi gebetsmühlenartig. Zwar sagt er auch: „Der FC Bayern hat das Gewinnen-Wollen nicht erfunden“ - doch klar ist, dass er in seinen fast zehn Jahren an der Isar genau diesen Biss gelernt hat.
Das in den letzten Minuten verlorene Champions-League-Finale 1999 gegen Manchester United habe dazu geführt, dass die Münchner später umso erfolgreicher waren, behauptet Fink. Die Enttäuschung habe zusammengeschweißt - und 2001 zu den großen Titeln geführt, als Schalke sich schon minutenlang als Meister fühlte und Bayern dann doch in Hamburg triumphierte und vier Tage später die Königsklasse gewann.
„Champions League ist der schönste und spannendste Titel“, sagt einer, der als Mittelfeldspieler diese einmaligen Erfahrungen gemacht hat und sie nun auch als Fußballlehrer wiederholen will. „Wir wollen das Spiel gegen Bayern gewinnen und in Zukunft ins gesicherte Mittelfeld aufsteigen“, sagt Fink.
Als der blonde Westfale mit dem Faible für teure Uhren in dieser Saison mit dem FC Basel aufhorchen ließ, in der Königsklasse bei Manchester United ein Unentschieden herausholte und dann für seinen ersten Job in der Bundesliga die Schweiz verließ, gab es einige Stimmen, die sogar von einem späteren Bayern-Trainer sprachen. Fink sei ein „Spitzentrainer, der irgendwann beim FC Bayern landen wird, weil er das Bayern-Gen hat“, sagte sein Ex-Coach Ottmar Hitzfeld, der ihm zum Wechsel an die Elbe geraten hatte.
Seine Vergangenheit in München will Fink für das Aufeinandertreffen am Samstag komplett ausblenden. „Wir wollen den FC Bayern schlagen, wir können ja keine Rücksicht darauf nehmen“, sagt er. „Natürlich freue ich mich auf so ein Top-Spiel vor ausverkauftem Haus.“ Gegen Bayern zu spielen, sei immer etwas besonderes. Nach dem Sieg gegen Berlin rechnet er sich auch gegen den Tabellenführer etwas aus: „Ich denke, dass wir in diesem Spiel nichts zu verlieren haben, dass Bayern der Favorit ist, aber dass wir auch unsere Chance haben.“
Zu Beginn seiner Trainerkarriere suchte Fink den Erfolg vielfach über die Motivationsschiene, überlegte sich Sprüche, um seine Profis heiß zu machen. Doch dann merkte er, dass sich diese Art schnell abnutzt. Bei seiner Vorstellung im Oktober in Hamburg sagte der Neue, er gleiche eher dem Typ Jürgen Klopp. Mit diesem Ausspruch tat er sich keinen Gefallen, fortan wurde er ständig damit konfrontiert. Es gibt kaum ein Gespräch, in dem er seine Worte nicht wieder zurechtrücken muss. Er sei falsch verstanden worden: Vorbilder oder Idole mag er nicht. Fink guckt sich lieber von vielen Erfolgreichen ein kleines Bisschen ab.
An Klopp schätze er die Kommunikation und den Umgang mit den Spielern, an seinem Ex-Trainer Giovanni Trapattoni die Leidenschaft, an Hitzfeld den Führungsstil, das positive Denken und den konsequenten Weg. Nach Siegen habe es keine freien Tage gegeben, nach Niederlagen kein Straftraining. Nur eins will er nicht sein: „Ich bin nicht wie Felix Magath.“
Er bezeichnet sich selbst als Taktiker und strahlt viel Selbstbewusstsein aus. Allein diese Haltung und klare Ansagen auf dem Trainingsplatz gaben dem strauchelnden Bundesligisten neuen Halt. Im Zusammenspiel mit Sportdirektor Frank Arnesen will er „die Siegermentalität Schritt für Schritt“ ausbilden, verriet er im Interview mit dem Magazin der Deutschen Fußball Liga.
Und gegen die Bayern? „Ich glaube, dass man im Moment die Möglichkeit hat, den FC Bayern zu schlagen, aber dafür muss alles stimmen.“ Fink sieht auch beim Rekordmeister Schwachstellen. „Gladbach hat es doch vorgemacht. Oft ist auch die Motivation das Zünglein an der Waage“. Gladbach als Vorbild? „Nein, kein Vorbild, wir gehen unseren eigenen Weg“, sagt Fink.