Garantie für van Marwijk - HSV-Chef kritisiert Profis
Hamburg (dpa) - Trotz der längsten Niederlagenserie seit 44 Jahren geben die Verantwortlichen des Hamburger SV ihrem Trainer Bert van Marwijk eine Job-Garantie über das nächste Spiel hinaus.
„Der Trainer ist weiterhin hundertprozentig der richtige Mann. Die Frage, was nach dem Hertha-Spiel passiert, stellt sich mir definitiv nicht. Ich werde nie ein Ultimatum aussprechen“, sagte Sportdirektor Oliver Kreuzer dem Radiosender NDR 90,3.
Nach dem 0:3 in Hoffenheim, der fünften Niederlage in Serie, ist der HSV auf Platz 17 abgestürzt und neben Eintracht Braunschweig derzeit Abstiegsfavorit. Auch Präsident Carl Jarchow steht zu dem 61 Jahre alten Coach. „Egal was passiert, am Vertrauen in unseren Trainer wird sich nichts ändern“, betonte der Vereinschef.
Fährt ein Coach in der Bundesliga Niederlagen nonstop ein, wird er normalerweise vom Hof gejagt. Das ist wie ein Pawlow'scher Reflex. Beim HSV scheint man von dem brutalen Mechanismus nicht mehr überzeugt zu sein. Sechs Chef- und vier Interimstrainer hat der Verein in den vergangenen fünf Jahren verschlissen, geändert hat sich am Kriechgang der Hamburger durch die Eliteliga jedoch nichts.
Seit Jahren wird über die Ursachen gerätselt. Eine befriedigende Antwort konnten selbst gestandene Fußball-Experten nicht liefern. Wird die Mannschaft seit Jahren falsch zusammengesetzt? Ist sie untrainierbar oder zu genügsam? Oder sind Profis und Trainer gar zu faul, wie die „Bild“-Zeitung in den vergangenen Tagen mutmaßte.
Der unglückliche van Marwijk ist ein Beleg für die Richtigkeit wissenschaftlicher Studien, wonach sich Trainerwechsel meistens nur kurzfristig positiv auswirken. Nach acht Punkten aus den ersten vier Spielen gewann der HSV unter dem früheren Bondscoach nur eine der letzten neun Begegnungen. Ist der Motivationseffekt des Neuen verpufft, geht es weiter wie gehabt. Beim HSV ist das schon ein ehernes Gesetz. „Der Trainer kann machen, was er will. Das ist unsere Schuld“, gestand Kapitän Rafael van der Vaart.
Genauso sieht es Jarchow. „Immer wieder wurde hier der Trainer gewechselt. Jetzt ist schon wieder die Position im Gerede. Mich ärgert daran, dass so immer wieder die hoch bezahlten Spieler aus dem Fokus genommen werden. Ihnen wird ein Alibi geliefert, aber sie stehen in der Pflicht“, sagte der Präsident dem Fachmagazin „Kicker“. Der begnadete Fußballer Van der Vaart, der zuletzt häufig blass blieb, leistete einen Offenbarungseid: „Am Ende fehlt es an Qualität.“ Ex-Torhüter Frank Rost schrieb hingegen in einer „Bild“-Kolumne: „Der HSV hat genug Qualität, aber zu wenig Mentalität.“
Kreuzer klagt das Team an, da es selbst aus der x-ten Wiederholung eklatanter Fehler nicht lernt. „Ich glaube kaum, dass die Spieler die Fehler nicht mehr begehen, wenn ein anderer Trainer an der Linie steht“, meinte der Sportchef verzweifelt. Die Profis müssten endlich umsetzen, was der Coach ihnen Tag für Tag vorgibt. Dagegen glaubt er nicht, dass das verunsicherte Team psychologische Hilfe braucht.
Hoffnung auf Besserung versprechen sich die Hanseaten durch die Rückkehr mehrerer Leistungsträger. Nationalspieler Marcell Jansen soll nach einer Knieprellung bald wieder spielen wie Torjäger Pierre-Michel Lasogga nach einem Muskelfaserriss und Nationaltorwart René Adler nach auskuriertem Bänderriss. Und wenn der HSV weiter verliert? Sky-Experte Franz Beckenbauer will sich das gar nicht erst ausmalen: „Ich kann mir den HSV nicht in der 2. Liga vorstellen. Beim besten Willen nicht. Die sind von der ersten Stunde an dabei.“