Hannovers neuer Kampfgeist: „Leider zu spät“
Ingolstadt (dpa) - Nach dem noch einmal vertagten Abstieg staunte Ron-Robert Zieler über den neuen Geist bei Hannover 96. „Irgendwas ist passiert mit der Mannschaft.
Wir treten als Einheit auf, spielen mutig, spielen leidenschaftlich. Das Gesamtbild ist ein anderes“, sagte der Fußball-Nationaltorhüter nach dem in Überzahl erkämpften 2:2 (0:2) beim seit Samstag endgültig geretteten FC Ingolstadt. Dann machte Zieler aber noch einen wichtigen Zusatz: „Leider zu spät.“
Der fünfte Bundesliga-Abstieg nach 1974, 1976, 1986 und 1989 wird ja selbst von Zieler nicht mehr infrage gestellt. „Wir müssen uns komplett von der Tabelle lösen“, empfahl der Nationalspieler. Bis zum späten Ausgleichstor von Hiroshi Kiyotake in der 82. Minute waren die Niedersachsen schon am Samstag abgestiegen. Und alle wussten: Ein Heimsieg von Frankfurt gegen Mainz am Sonntagabend würde das 96-Schicksal besiegeln. Es geht längst um anderes, meinte Zieler: „Wir wollen den Verein Hannover 96 bis zum Ende würdig präsentieren.“
Ein Abstieg in Würde, dieses Ziel könnte unter Interimstrainer Daniel Stendel tatsächlich gelingen. Drei Spiele, fünf Punkte, ungeschlagen - der zum Chef auf Zeit beförderte Nachwuchscoach betreibt weiterhin gute Eigenwerbung. „Es ist nicht von Nachteil, wenn man so auftritt, wie wir auftreten“, meinte der 42-Jährige, der zunehmend Spaß an der höheren Aufgabe gewinnt. Fordernd tritt Stendel aber nicht auf. „Ich bin nullkommanull der Entscheidungsträger“, erklärte der Ex-Profi, der weiß, dass die Verantwortlichen um Präsident Martin Kind für den Neubeginn in der 2. Liga weiter eine namhaftere Lösung vorschwebt.
„Es funktioniert ordentlich“, sagte Zieler zur Zusammenarbeit mit Stendel, auch wenn es für ihn noch zu früh sei, „sich jetzt ein finales Bild zu bilden“. Im Ingolstädter Sportpark sah dieses nach den Kopfballtoren von Alfredo Morales (10. Minute) und Torjäger Moritz Hartmann (25.) zunächst auch düster aus. Erst 70 Minuten in Überzahl nach der Roten Karten für Ingolstadts Innenverteidiger Romain Brégerie wegen einer Notbremse gegen Felix Klaus verhalfen Hannover zum Comeback durch Hiroki Sakai (58.) und Kiyotake. „In der Bundesliga musst du 90 Minuten auf dem Platz stehen“, rügte Stendel. Ihn, das steht fest, trifft die geringste Schuld am Abstieg.
Beim FC Ingolstadt wiederum gebührt der Löwenanteil am nun auch rechnerisch gesicherten Klassenverbleib dem Trainer. Aber Partylaune verbreitete Ralph Hasenhüttl nach dem Erreichen der 40-Punkte-Marke nicht. Der 48-Jährige forderte vielmehr Klarheit in eigener Sache. „Ich möchte das schon nächste Woche geklärt haben“, sagte der Österreicher deutlich nach dem Spiel. Ins Detail mochte Hasenhüttl nicht gehen. „Wir haben heute Grund zu feiern.“ RB Leipzig lockt ihn, das gute Einvernehmen mit den Verantwortlichen beim FCI zerbröselt.
Hasenhüttl will gehen, der Verein wollte ihn aber eigentlich nicht vor Ablauf seines Vertrages ziehen lassen. „Natürlich ist es legitim, dass sich Ralph Gedanken darüber macht, wie es nach 2017 für ihn weitergeht“, sagte Sportdirektor Thomas Linke im TV-Sender Sky.
Hasenhüttl sieht seine Mission als erfüllt an. „Was die Mannschaft in dieser Saison gezeigt hat, werte ich noch höher als den Aufstieg in der vergangenen Saison“, sagte er. Das klang wie: mehr geht nicht. Die Spieler warten unaufgeregt ab, bis der Verein eine Entscheidung verkündet. „Jeder darf sein Leben bestimmen. Er soll machen, was das Beste für ihn ist“, sagte Torschütze Morales. Klang wie: Reisende soll man nicht aufhalten. „Wir haben 40 Punkte, alles wunderbar.“