Verloren und verunglimpft Hasenhüttls Aufreger: Baiers Geste und RB-Niederlage

Augsburg (dpa) - Ralph Hasenhüttl hatte sich zwar äußerlich wieder beruhigt. Daniel Baiers aufsehenerregende Geste unter der Gürtellinie schien den Trainer von RB Leipzig aber auch spät am Abend noch mehr zu erzürnen als das 0:1 (0:1) beim FC Augsburg und seine missglückte Extrem-Rotation.

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„Ich brauche die Aktion nicht zu kommentieren oder bewerten“, sagte der Coach schmallippig. Kurz zuvor hatte der Österreicher noch deutlichere Worte gefunden, als er beim Schlusspfiff fuchsteufelswild zu Baier rannte, auf ihn einredete und dem Kapitän der Gastgeber schimpfend den Handschlag verweigerte.

Dass die Leipziger nun schon seit drei Pflichtspielen ohne Sieg sind und Augsburg indes mit dem nächsten Coup seinen sensationellen Platz in der Bundesliga-Spitzengruppe festigte, geriet nach dem Vorfall in den Hintergrund. Den Schwaben war das freilich nicht recht. „Mein Gott, das ist ein Fußballspiel, da sind Emotionen drin...“, sagte Baier und meinte: „Nach dem Spiel ist das für mich vergessen.“

Da täuschte er sich! Am Mittwoch verurteilte ihn der Deutsche Fußball-Bund „wegen eines krass sportwidrigen Verhaltens“ zu einem Spiel Sperre und 20 000 Euro Geldstrafe. Baier stimmte dem Urteil bereits zu, es ist rechtskräftig. Hasenhüttl wollte sich mit dem Thema nach der Rückkehr nach Leipzig nicht mehr viel beschäftigen: „Ich habe einen anderen Fokus, als mich um Daniel Baier zu kümmern.“

Dem Spieler selbst war die Tragweite seiner Aktion am Tag nach der Partie offenbar auch bewusst. Bei Instagram bat er um Verzeihung für seine masturbierende Handbewegung in der 74. Minute in Richtung Hasenhüttl. Er habe in der Nacht kein Auge zugemacht, schrieb Baier. „Aus der Emotion heraus habe ich mich zu einer Geste hinreißen lassen, von der ich selbst nicht weiß, wie ich dazu komme.“ Er sei seiner Vorbildfunktion nicht gerecht geworden und bitte seine Teamkollegen und die Gäste aus Leipzig um Entschuldigung.

Dass der Vorfall tatsächlich Folgen für Baier hat, das konnte sich FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter am späten Dienstagabend „beim besten Willen nicht vorstellen, weil dann musst du zukünftig jede Geste und jede Aktion nachverfolgen, und das ist ja lächerlich“. Der Manager gab im Gegensatz zu bedenken, dass auch das Verhalten Hasenhüttls in der Szene „nicht ganz einwandfrei gewesen“ sei.

Der Leipziger Frust gründete nicht nur auf der einen Sekunde der Baier-Episode, sondern auch auf den restlichen 90 Minuten, in denen kein Durchkommen war gegen aufopferungsvoll verteidigende Gastgeber. „Viel Ballbesitz, aber keine zwingende Chancen mehr, wieder ein Stück weit zu langsam gespielt“, haderte Abwehrspieler Willi Orban, der als einer von gleich neun Profis neu in die Startelf gekommen war. Hasenhüttl rechtfertigte am Tag danach aber noch einmal seine Groß-Rotation. „Es war nicht jede Rotation geplant, die eine war auch notwendig. Es war in diesem Sinn alternativlos.“ Er habe keine andere Wahl gehabt, sagte der 50 Jahre alte Coach.

Ohne den gesperrten Naby Keita und den eine Stunde lang auf der Bank sitzenden Emil Forsberg fehlte RB jemand, der die extrem dichten Reihen der Augsburger mit einer Einzelaktion oder einem raffinierten Pass überwinden konnte. „Wir haben es nicht geschafft, den Riegel zu knacken“, sagte Hasenhüttl. Es ist das alte Problem der auf schnelle Konter und aggressives Pressing perfektionierten Sachsen: Der Vizemeister tut sich schwer, wenn er selbst das Spiel machen muss.

Statt mit Meister Bayern oder sogar den überraschenden Augsburgern Schritt zu halten, rutschte Leipzig in der Tabelle ins Mittelfeld ab. „Wir sind heute sehr unzufrieden“, resümierte Coach Hasenhüttl zum Abschluss eines vernieselregneten Abends, der für RB nicht nur wegen der obszönen Baier-Aktion unerfreulicher kaum hätte laufen können.