Hertha-Keeper Kraft trifft auf seine Vergangenheit
Berlin (dpa) - Es war ein Bundesligadebüt mit Bilderbuchcharakter: Plötzlich war Thomas Kraft die neue Nummer eins beim deutschen Fußball-Rekordmeister FC Bayern München.
Nach zwei Einsätzen in der Champions League hatte der damalige Trainer Louis van Gaal den 22-Jährigen mit Beginn der Rückrunde 2010/11 zum Stammkeeper befördert. Kraft zahlte das in ihn gesetzte Vertrauen zurück, er parierte bei seiner Liga-Premiere auf Anhieb einen Elfmeter.
Inzwischen steht Kraft in seiner dritten Saison bei Hertha BSC zwischen den Pfosten. Der FC Bayern spielt im Leben des gebürtigen Westerwälders keine allzu große Rolle mehr. Den meisten Kontakt habe er zum Zeugwart der Münchener, sagte er dem vereinseigenen Berliner „HerthaTV“. Nach dem Ende der Episode van Gaal wurde Kraft ins zweite Glied zurückbeordert, er zog seine Konsequenzen und wechselte 2011 nach Berlin.
Dennoch: Die Jahre bei den Bayern haben bei Kraft tiefe Spuren hinterlassen. Ab seinem 15. Lebensjahr wurde er in München geprägt. „Ich bin dort groß geworden, auch fußballerisch“, sagt der heute 25-Jährige. Kraft trainierte Seite an Seite mit seinem damaligen Vorbild Oliver Kahn - und schaute sich vieles ab, auch in Sachen Ehrgeiz.
Am Samstag kommt es für Kraft zum Treffen mit seiner Vergangenheit. Die letzte Partie in München verlor Hertha 0:4, zu Hause setzte es gar eine 0:6-Schlappe. Mit der „Alten Dame“ aus der Saison 2011/12 hat das aktuelle Hertha-Team, das als Aufsteiger auf Tabellenplatz vier steht, jedoch wenig gemein. „Es gibt weniger Egoismen“, wird Kraft vom Fachmagazin „kicker“ zitiert. Zudem ist das Selbstbewusstsein beim Hauptstadtclub nach den jüngsten Erfolgen merklich gewachsen. „Wir sind kein Zufalls-Vierter“, meint Kraft. „Wenn man die Spiele bis jetzt analysiert, muss man sagen: Wir stehen zu Recht dort.“
Angesichts der Dominanz des FC Bayern rechnen sich die Herthaner trotzdem nicht viel aus. Um etwas mitzunehmen, brauche es schon ein Wunder, lassen Spieler und Trainer fast unisono verlauten. Kraft geht die anstehende Herausforderung positiv an. Angesichts der Außenseiterrolle sei es das leichteste Spiel der Saison. Ein besonderes wird es allemal. „Spiele gegen diesen Club“, sagt Kraft, „werden für mich nie etwas ganz Normales sein.“