Respekt vor Leverkusen Heynckes pokert mit Wagner - Keine Kampfansage von Herrlich
Leverkusen (dpa) - Es geht wieder los: Herbstmeister FC Bayern eröffnet in Leverkusen die Bundesliga-Rückrunde. Elf Punkte Vorsprung sind kein Ruhekissen, mahnt Trainer Heynckes. Leverkusen zeigt sich selbstbewusst.
Elf Zähler vorn - na und? Ein so erfahrener Fußballtrainer wie Jupp Heynckes lässt sich vor dem „prickelnden“ Start in die Bundesliga-Rückrunde am Freitagabend (20.30 Uhr) bei seinem Ex-Club Bayer Leverkusen natürlich nicht dazu verleiten, vorschnell einen Haken unter den sechsten Meistertitel des FC Bayern am Stück zu machen. Der 72-Jährige kennt die Gefahren, die in der Überheblichkeit liegen. „Man darf nie zurückstecken“, sagte Heynckes: „Das ist ein komfortabler Vorsprung. Den haben wir uns erarbeitet - auch unter Mithilfe der Konkurrenz.“
Schon in der ausverkauften Leverkusener BayArena richtet sich der Herbstmeister auf einigen Widerstand ein. „Leverkusen hat seit zwölf Spielen nicht verloren. Das ist eine schnelle, hungrige Mannschaft mit Fantasie“, sagte Heynckes. Gerade offensiv sei der Tabellenvierte mit Talenten wie Leon Bailey (20), Julian Brandt (21) oder Kai Havertz (18) herausragend besetzt.
Unter dem Bayer-Kreuz sind sie sich ihrer Stärken bewusst. „Von mir wird man keine Kampfansage hören, aber wir werden auch nicht in Ehrfurcht erstarren“, sagte Bayer-Coach Heiko Herrlich. „Im schlimmsten Fall gibt's eine Klatsche, im besten Fall können wir gewinnen“, meinte Bayers Chefcoach.
Die Gastgeber können in Bestbesetzung antreten, alle seien fit aus der kurzen Winterpause gekommen. Von seinem seit 14 Pflichtspielen unbesiegten Team fordert der Leverkusener Trainer auch mal einen sogenannten „big point“. „Wir haben noch gegen keines der ersten fünf Teams gewonnen, da haben wir noch Bedarf.“ Außerdem hoffe die Konkurrenz ja auch, dass es in der Liga noch einmal spannend wird, meinte Herrlich. Sportchef Rudi Völler betonte, dass es stark vom Auftritt des Gegners abhänge. „Wenn sie nichts alles abrufen, haben wir eine Chance, aber auch eine Niederlage würde uns nicht umwerfen.“
Die Bayern-Profis freuen sich auf die erste Herausforderung. „Das ist gleich ein schönes Spiel“, sagte Nationalstürmer Sandro Wagner: „Leverkusen ist zu einer richtig guten Mannschaft geworden. Am Freitagabend so zu starten, das ist gut.“
Winterzugang Wagner steht gleich im Fokus. Denn Robert Lewandowski wird zum Jahresauftakt ebenso fehlen wie Mats Hummels; dazu kommen die Langzeitverletzten Manuel Neuer und Thiago. Die zuletzt angeschlagenen Leistungsträger hatten den größten Teil der kurzen Vorbereitung verpasst - und Heynckes verzichtet darum auf sie. „Alles andere wäre fahrlässig“, begründete er die Entscheidung.
Wagner für Lewandowski - diesen Automatismus auf der Position des Mittelstürmers wollte Heynckes vorab nicht bestätigen. „Jeder Spieler braucht eine Zeit der Integration“, sagte er. Dieser Prozess sei bei Wagner natürlich noch nicht abgeschlossen. Trotzdem bescheinigte Heynckes dem zwölf Millionen Euro teuren Zugang aus Hoffenheim, „sich sehr gut eingegliedert“ zu haben: „Sandro ist die erste Option.“
„Ich bin gespannt, ob ich spiele. Ich bin bereit“, sagte Wagner nach zwei Testspieleinsätzen und riesigem Engagement im Training. „Ein bisschen Anpassung braucht man schon“, meinte der Angreifer. Aber natürlich will auch Heynckes wissen, „wie sich Sandro im Wettkampf macht“. Funktioniert der Nationalstürmer als Lewandowski-Ersatz?
Eine positive Antwort auf diese Frage würde den Bayern zusätzlichen Schub verleihen für das erhoffte Triple-Revival unter Heynckes. „Über den Erfolg kann eine Dynamik entstehen“, bemerkte der Triple-Trainer von 2013 selbst. 15 Siege in 16 Spielen nach seiner Rückkehr auf die Trainerbank des deutschen Rekordchampions haben Träume geweckt.
Und intern Wünsche nach einem Heynckes-Zuschlag. Gehen am Freitag tatsächlich die letzten Heynckes-Monate mit maximal 27 Spielen in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League los? Der vor allem von Präsident Uli Hoeneß weiterhin intensiv umworbene Rückkehrer aus dem Ruhestand lässt sich auch hier nicht locken. Heynckes rückt nicht ab von seinem von Anfang an verkündeten Fahrplan: Im Sommer ist Schluss!
In der Pressekonferenz vor dem ersten Punktspiel 2018 antwortete Heynckes fast schon belustigt auf die Zukunftsfrage: „Zu meiner Situation habe ich alles gesagt. Und dazu werde ich auch nie mehr etwas sagen. Da können Sie Kopfstände machen und Gymnastikübungen und was weiß ich noch.“