Heynckes sauer: Gomez-Debatte überlagert Bayerns Form

Kaiserslautern (dpa) - Jupp Heynckes war sauer. Zweifelt der FC Bayern etwa an seinem Torjäger Mario Gomez? „Sie wissen doch selbst, dass das Unsinn ist“, herrschte der Münchener Trainer nach dem 3:2-Testspielsieg beim 1. FC Kaiserslautern einen Reporter an.

Allerdings sind die Diskussionen über den Nationalstürmer nicht in irgendwelchen Zeitungen entstanden, sondern auf der allerhöchsten Ebene des deutschen Rekordmeisters selbst. Gomez sei „gut, aber nicht sehr gut“, hatte Präsident Uli Hoeneß am Tag zuvor bei einer PR-Veranstaltung in Ingolstadt gesagt. „Wenn er sehr gut wäre, wären wir jetzt Champions-League-Sieger.“

Gegenüber der „Abendzeitung“ erklärte Hoeneß nun, wie er das genau gemeint hatte. „Mario ist ein Spieler, der in der Bundesliga 40 Tore in einer Saison schießen kann wie Gerd Müller“, sagte er. „Daher habe ich das Gefühl, dass ich ihn reizen muss - und das tue ich. Ich mache das nach meinem Bauchgefühl, und mein Bauch sagt mir, dass jetzt der Mario etwas braucht.“ Gomez habe ein „gewisses Phlegma und das muss man ihm austreiben“.

Heynckes sieht das offenbar nicht ganz so drastisch. Der Trainer bescheinigte dem Stürmer in Kaiserslautern, gut zu trainieren und gut zu spielen, seit er in die Saison-Vorbereitung eingestiegen ist. Vor allem aber stört den 67-Jährigen, dass die Debatte um Gomez die vielen guten Eindrücke überlagert, die der FC Bayern rund dreieinhalb Wochen vor dem Bundesliga-Start und kurz vor dem „Liga total Cup“ am Samstag und Sonntag in Hamburg bereits hinterlässt. Und so konterte Heynckes seinen engen Freund Hoeneß via „Kicker“ mit den Worten: „Manchmal gilt das Sprichwort: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“

Die Bayern haben auch ohne das Thema Gomez schon genug aufzuarbeiten nach dem traumatischen Ende der vergangenen Saison. Das reicht von der Enttäuschung über das verlorene Champions-League- Finale gegen Chelsea bis zu den Brüchen im Verhältnis zu ihrem Superstar Arjen Robben. Dass sie dabei eigentlich auf einem guten Weg sind, zeigte das Spiel in Kaiserslautern, als der Niederländer nach einer engagierten Leistung zwar von den gegnerischen Fans ausgepfiffen, von den eigenen aber lautstark gefeiert wurde.

Robben reckte bei seiner Auswechselung die rechte Faust Richtung Bayern-Kurve - eine Geste, die gleichzeitig Dankbarkeit und auch eine Form von Kampfgeist ausstrahlte, die im Moment den gesamten Bayern- Kader erfasst hat. „Ich habe wieder große Lust, Fußball zu spielen“, sagte Robben. „Hoffentlich holen wir in dieser Saison Titel.“

Heynckes lässt die offensive Dreierreihe hinter Gomez mittlerweile deutlich variabler spielen. Auch das ist eine Lehre aus der vergangenen Saison und Robbens Spiel, das mitunter viel zu ausrechenbar war. „Ich habe mit Arjen und mit Thomas Müller gesprochen, dass beide häufiger die Positionen wechseln sollen“, erklärte der Trainer. „Dadurch werden wir unberechenbarer und flexibler.“

Für die beiden Abräumer-Posten hinter Robben, Ribery und Co. suchen die Münchener nach wie vor eine echte Verstärkung. Sollten Wunschkandidaten wie Javi Martinez (Athletic Bilbao) oder Lars Bender (Bayer Leverkusen) aber tatsächlich nicht zu bekommen sein, drängt sich mittlerweile eine Alternative aus den eigenen Reihen auf: der erst 18 Jahre alte Emre Can. Der Junioren-Nationalspieler schoss in Kaiserslautern das 2:1 und bringt auch sonst alles an Technik, Übersicht und Physis mit, was ein moderner Mittelfeldspieler benötigt. „Emre ist ein großartiges Talent“, sagte Heynckes. „Mir gefällt das, wie er trainiert und spielt. Wenn er so weitermacht, hat er die Chance, zu spielen. Das ist ja nicht abhängig vom Alter.“