Hoeneß: Das ist der Super-Gau
Der Bayern-Präsident kündigt den Profis nach dem historischen Fehlstart in der Bundesliga raue Zeiten an.
Dortmund/München. Vielleicht war es die Demütigung, die die Bosse des FC Bayern erst so richtig angestachelt hat. "Ihr könnt nach Hause fahren", skandierten die Dortmunder Fans nach dem 2:0-Erfolg und schwenkten weiße Taschentücher, als Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge über den Rasen schritten.
Es war an der Zeit, Tacheles zu reden. Schon die Gesichtsfarbe bei Uli Hoeneß verhieß nichts Gutes, es kochte in ihm: "Mainz hat nun 13 Punkte Vorsprung", sagte das leibhaftige Bayern-Barometer, "das ist der Super-Gau. Wir dürfen uns nicht mehr in die Tasche lügen". Klar ist nach der rauschenden Talfahrt in der Liga bis auf Rang zwölf: Die Zeit der Zärtlichkeiten ist vorbei.
Am Montag wurde der vor Wochenfrist pompös angekündigte Wiesnbesuch im Käfer-Zelt abgesagt, Trainer Louis van Gaal setzte ein Training an. "Wir haben Sorgen, ohne Frage", sagte Rummenigge. "Einigen ist nach der guten Vorsaison die Höhenluft nicht bekommen. Wir müssen jetzt den Mantel der Nächstenliebe wegnehmen", grantelte Hoeneß.
Haben Meisterschaft, Pokalsieg und das Erreichen des Champions-League-Finales die Münchner satt und überheblich werden lassen? Fakt ist, dass die Mannschaft ihrer Inspiration durch die Verletzungen von Robben und Ribéry beraubt ist und nicht so fit und spritzig wirkt. Da mag mitspielen, dass der FC Bayern nahezu seinen kompletten Kader bei der WM in Südafrika im Einsatz hatte.
Ähnlich schlecht wie aktuell startete der FCBayern nur 1974 und 1966 mit jeweils Rang zwölf und zwölf Treffern. Eher ein Erklärungsansatz ist die schon unheimliche Abschlussschwäche. "Aus zwei Metern konnten wir kein Tor schießen. Da kann man als Trainer nicht viel sagen", so Louis van Gaal, der seit einer gefühlten Ewigkeit Mario Gomez mal wieder zu Beginn aufs Feld geschickt hatte. Um gegenseitige Schuldzuweisungen abzuwenden, rief Sportdirektor Christian Nerlinger zur Wahrung des Vereinsfriedens auf: "Wir werden geschlossen durch diese Situation gehen." Doch die Gefahr ist groß, dass sich diese Aufforderung als Wunschdenken erweist. Schließlich war die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit selten größer.