HSV-Brisanz: Fast-Trainer gegen Noch-Coach

Hamburg (dpa) - Argentinische Frohnatur gegen knurrigen Niederländer - die Bundesliga-Partie Hamburger SV gegen Schalke 04 fokussiert sich auf das Trainerduell Rodolfo Cardoso gegen Huub Stevens.

Weil er den Stuhl für den zuvor arbeitslosen Stevens beinahe hätte räumen müssen, will Drei-Wochen-Coach Cardoso seinen Vorgesetzten beim HSV beweisen: Ihr habt alles richtig gemacht! Die gleich gelagerte Motivation mit anderen Vorzeichen treibt Stevens an. Wenn er am Sonntag das Hamburger Stadion betritt, wird ihn beim Blick auf die prall gefüllten Ränge ein Gedanke nicht mehr loslassen: Jetzt werde ich euch mal zeigen, was ihr verpasst habt! Denn nur anderthalb Tage bevor er bei Schalke anheuerte, hatte er beim HSV einen Korb erhalten. Wenn das kein Dynamit ist. Cardoso: „Das Spiel ist etwas Besonderes.“

Stevens muss sich in den vergangenen Tagen wie auf einer Reise in Lichtgeschwindigkeit gefühlt haben. Viereinhalb Monate seit seiner Entlassung bei Red Bull Salzburg wollte niemand etwas von ihm wissen, plötzlich rennen ihm gleich zwei Clubs die Bude ein. „Ich habe den HSV ein Stück weit in mein Herz geschlossen“, sagte der 57-Jährige nach Bekanntwerden des HSV-Interesses. „Einmal Schalke, immer Schalke“, meinte er eine Woche später bei der Unterzeichnung seines Zweijahresvertrages.

Der Mann in Trainingsanzug und mit Badelatschen, der aus der niederländischen Provinz Limburg kommt und deshalb fuchsteufelswild wird, wenn ihn jemand als Holländer bezeichnet, will die Brisanz seines ersten Bundesligaspiels dieser Saison herunterspielen. „Dass es nun mit Schalke gegen den HSV geht, mit dem ich vor kurzer Zeit noch über eine Trainertätigkeit gesprochen habe, ist eben im Fußball so“, meinte der Ex-HSV-Trainer, der den Verein 2007 vor dem Abstieg bewahrt hatte. „Ich denke, es war legitim von mir, mich auch mit dem FC Schalke zu unterhalten, wenn er mich verpflichten möchte.“

Cardoso steht derweil unter verschärfter Beobachtung seines Arbeitgebers. Zieht sich die Mannschaft wieder mit frischem Angriffsfußball aus der Affäre und gewinnt wie schon in Stuttgart, will der HSV seinen Vorstoß bei DFL und DFB auf Sondererlaubnis für den Argentinier intensivieren. Erste Telefongespräche haben bereits stattgefunden. „Mir macht die Arbeit sehr viel Spaß“, sagte Cardoso, der gern weitermachen will. Laut Statuten darf aber ein Trainer ohne Fußballlehrerlizenz den Posten nur maximal 15 Werktage okkupieren. Die Hamburger wollen Zeit schinden, um bei der Trainersuche voranzukommen.

Günter Netzer hatte dem HSV den ehemaligen Bayern-Coach Louis van Gaal ans Herz gelegt. Davon war HSV-Urgestein Uwe Seeler nicht so angetan. Er schlug Horst Hrubesch vor. Denn der Mann, den sie Kopfball-Ungeheuer nannten, könnte „Seele und Geist“ in den Verein bringen, versicherte Seeler. Nach dem Schalke-Spiel wird es vermutlich wieder neue Namen geben.