HSV-BVB: Alltags-Rückkehr unter verschärften Bedingungen
Hamburg (dpa) - Verschärfte Sicherheitskonzepte und der große Wunsch nach Normalität: Der Bundesliga-Klassiker Hamburger SV gegen Borussia Dortmund ist am Freitag der erste Ernstfall für die deutsche Fußball-Gemeinde und die Bevölkerung nach den Terrorakten von Paris und der Länderspielabsage von Hannover.
„Wir dürfen uns vom Terror nicht in die Knie zwingen lassen, das macht keinen Sinn. Wir müssen uns dagegen wehren“, sagte DFB-Ehrenspielführer Uwe Seeler der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der HSV und die Polizei werden deutlich mehr Ordnungskräfte aufbieten, zur Panikmache bestehe aber kein Anlass, beteuerten alle Experten. Für die Terroropfer von Paris und den gestorbenen Altkanzler Helmut Schmidt wird es Schweigeminuten geben. Nicht wenigen Beteiligten erscheint die Wiederaufnahme des Spielbetriebs aber irgendwie unwirklich.
„Es ist ein bisschen komisch, über Positionen auf dem Feld in der Videoanalyse zu sprechen. Es wird einem brutal vor Augen geführt, dass es immer tausend wichtigere Dinge auf der Welt als eine Videoanalyse gibt“, sagte Dortmunds Trainer Thomas Tuchel, der aber auch einher ging mit der Meinung des Hamburger Idols: „Es ist wichtig, dass der Spieltag stattfindet, weil die Menschen das nur über sichere Spiele und das Wiederholen sicherer Spiele verdrängen und den Fußball als das wahrnehmen können, was er ist: Unterhaltung.“
Auch Uwe Seeler geht „mit gemischten Gefühlen“ ins Stadion. Er vertraue aber ganz den verstärkten Kontrollen. Bei der mit 57 000 Zuschauern ausverkauften Partie werden um und im Volksparkstadion deutlich mehr als die üblichen 600 Ordnungskräfte aufgeboten. „Man muss die Angst und die Bedenken auch mal ausblenden. Es ist nun einmal so, dass wir trotzdem funktionieren müssen“, sagte HSV-Coach Bruno Labbadia vor dem sportlich wichtigen Vergleich mit dem Bundesliga-Zweiten.
Angesichts der sensiblen Lage tritt das erstmalige Aufeinandertreffen mit dem im Frühjahr fast verpflichteten Thomas Tuchel in den Hintergrund. Dennoch kann sich der Dortmunder Trainer auf ein Pfeifkonzert einstellen. Die Begleitumstände seiner Fast-Zusage stoßen den Hamburger Anhängern immer noch übel auf.
„Ich war zu dem Zeitpunkt sehr aufgebracht. Jetzt sehe ich das eher nüchtern“, sagte der HSV-Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer der „Bild“-Zeitung. Angeblich hatte der 42-Jährige auch für einen Abstieg fest für die 2. Liga zugesagt. „Wenn ich das Gefühl vermittelt habe, dass es eine Einigung gegeben habe, dann tut mir das Leid“, sagte Tuchel am Donnerstag noch einmal zu der Causa.
Während der Hängepartie saßen Josef Zinnbauer und Peter Knäbel auf der Bank. Erst, als Tuchel sich für Dortmund entschied und dem HSV absagte, holte man sechs Partien vor Saisonende auf Platz 18 „Retter“ Labbadia. „Natürlich waren wir am Anfang sehr enttäuscht. Jetzt sind wir mit unserem Trainer glücklich. Es war die richtige Entscheidung in der letzten Minute“, betonte der HSV-Chef. Mit Labbadia soll nun über die Spielzeit hinaus verlängern.
Um eine Chance gegen die offensivstarke Borussia zu haben, fordert Sportdirektor Knäbel: „Wir müssen brutal effizient sein. Dazu leidenschaftlich, solidarisch und fast fehlerfrei verteidigen.“ Mittelfeldspieler Gojko Kacar könnte nach seinem Bandscheibenvorfall auf die Sechser-Position neben Lewis Holtby zurückkehren. Beim BVB wird Nationalspieler Marco Reus, der zuletzt wegen eines Muskelfaserrisses pausieren musste, wohl wieder auflaufen. „Er hat sehr gut trainiert und war sehr frei in seinen Bewegungen. Es war eine Freude, ihn so zu sehen. Daher ist er eine Option“, sagte Tuchel.