Kein normaler Spieltag: „Ein mulmiges Gefühl ist dabei“

Düsseldorf (dpa) - Keine Panik, aber auch keine Normalität. Die 198 Spieler und 18 Trainer der Fußball-Bundesligisten werden nach den Terroranschlägen von Paris und der Länderspiel-Absage alles andere als unbeschwert zum Anpfiff des 13. Spieltages antreten.

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„Ich habe volles Vertrauen in die Sicherheitsmaßnahmen, aber es bleibt ein mulmiges Gefühl“, sagte Schalke-Coach André Breitenreiter vor dem Topspiel am Samstag gegen Bayern München, betonte aber: „Ich bin total dafür, dass die Bundesliga stattfindet.“

Wie schwierig es ist, den Weg zurück in die Normalität zu finden, schilderte Nationaltorwart Ron-Robert Zieler, der nach Paris auch in Hannover bei der Länderspiele-Absage die terroristische Bedrohung aus der Nähe erlebte. „Ich habe viel mit der Familie und Freunde gesprochen. Ich habe den Eindruck, dass ich mit der Situation gut zurechtkomme und sie gut verarbeitet habe“, sagte Zieler. „Da hilft mir auch die Normalität.“

Für Borussia Dortmunds Trainer Thomas Tuchel ist es etwas unwirklich, „über Positionen auf dem Feld in der Videoanalyse“ zu sprechen, weil es „tausend wichtigere Dinge auf der Welt als eine Videoanalyse“ gebe. Natürlich sei er mit den drei Nationalspielern Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Matthias Ginter über die Vorfälle im Gespräch.

„Wir sind dabei und werden nachhören. Aber ich habe da mehr Fragen als Antworten. Deshalb will ich meinen Spielern auch keine Ratschläge geben, sondern nur zuhören.“ Gut verkraftet hat den Schrecken der vergangenen Tage Schalkes Jung-Nationalspieler Leroy Sané, der erstmals zum deutschen Aufgebot gehörte. „Er hat es komplett verarbeitet. Im Training hatte ich nicht den Eindruck, dass es ihn so beschäftigt, dass er beeinträchtigt ist“, versicherte Breitenreiter.

Für Borussia Mönchengladbachs Coach André Schubert ist es wichtig, den Fußball zu nutzen, von den schrecklichen Ereignisse etwas abzulenken. „Diese schrecklichen Vorfälle sind ein Thema, mit dem man sich - wie jeder andere auch - in seinem Alltag beschäftigt“, sagte er. „Aber es wäre der falsche Weg, jetzt nur noch voller Angst zu sein und auf alles zu verzichten.“

Auch der niederländische Nationalspieler Bast Dost will sich nicht einschüchtern lassen. „Ich lasse mich nicht von solchen Sachen wie am Dienstag ablenken“, wird der Stürmer des VfL Wolfsburg in verschiedenen Medien zitiert. „Es ist einfach traurig, das solche Sachen vorkommen. Aber das Leben geht weiter, am Samstag spielen wir gegen Bremen - darauf haben wir Lust.“

Besonders intensiv will sich Stuttgarts Trainer Alexander Zorniger bis zum Anpfiff beim FC Augsburg um seine Profis kümmern. „Der Verein wird dafür sorgen, dass die Spieler sich gut und sicher fühlen“, sagte er. Die Spieler seien wegen der Anschläge nicht verunsichert. „Es ist noch keine (Trainings)-Einheit ausgefallen.“

Die neun Erstligaspiele werden an diesem Wochenende unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. „Wir dürfen uns vom Terror nicht einschüchtern lassen: Und gleichzeitig muss sehr deutlich gemacht werden: Der Schutz von Menschenleben hat höchste Priorität“, erklärte Ligapräsident Reinhard Rauball im Interview der „Bild“-Zeitung. Der Übergangspräsident des DFB sieht den Fußball jedoch nicht „im Fokus der Terroristen“.

Rainer Koch, zweiter DFB-Interimspräsident neben Rauball, will die Bundesliga-Spiele nicht um jeden Preis austragen lassen. Sicherheit habe „oberste Priorität“, eine Partie werde nur angesetzt, wenn alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten würden, sagte Koch dem Radiosender Bayern 2.

Bayer Leverkusens Geschäftsführer hält die Fußballstadion ohnehin für die am wenigsten gefährdeten Orte. „Sie sind im Vergleich zu Weihnachtsmärkten oder Konzerthallen sehr sicher“, sagte Michael Schade. Dies habe man in Paris gesehen, wo die Attentäter dank der Sicherheitsvorkehrungen „den Weg ins Stadion nicht gefunden haben“.

Unterdessen hat Bayern München angekündigt, bei Heimspielen auf die neue Sicherheitslage reagieren zu wollen. „Ich kann bestätigen, dass es künftig intensivere und umfassende Personenkontrollen geben wird“, erklärte Jan-Christian Dreesen, der als stellvertretender Vorstandsvorsitzender des deutschen Misters für das Thema Sicherheit zuständig ist. Das nächste Heimspiel der Münchner steht am Dienstag in der Champions League gegen Olympiakos Piräus an.

Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies machte den Vorschlag, „Körperscanner“ bei den Stadioneingängen einzusetzen. „Die Einlasskontrollen an den Stadien müssen weiter intensiviert, mit Durchgangs-Scannern optimiert werden“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Außerdem setzt er auf die Hilfe der Zuschauer: „Auch alle Fans sind nun gefordert, müssen vor und in den Stadien aufmerksamer sein.“

Spürbare Auswirkungen erwartet Dagmar Freitag nach den Terroranschlägen von Paris für künftige sportliche Großveranstaltungen. „Zumindest in näherer Zukunft“ würden viele Menschen „mit diffusen Gefühlen ins Stadion gehen“, sagte die Sportausschuss-Vorsitzende des Bundestages dem SWR. „Man hat im Kopf, was in Paris passiert ist, was in Hannover hätte passieren können“, urteilte sie.