HSV enttäuscht trotz Rettung - Umbruch mit Knäbel?
Hamburg (dpa) - Größer kann die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit kaum sein. Zwar bleibt dem Hamburger Sportverein die dritte Teilnahme an der Relegation in Serie erspart, doch die Ziele an der Elbe waren und sind ganz andere.
Der Auftritt beim 0:1 (0:0) gegen den VfL Wolfsburg war typisch für diese Mannschaft, die keine zwei Heimerfolge nacheinander verbuchen kann. „Ich laufe jetzt nicht durch die Stadt und jubele über den Klassenerhalt. Die Enttäuschung ist zu groß“, sagte HSV-Sportchef Peter Knäbel nach der von Pfiffen begleiteten achten Niederlage im Volkspark.
Der 49-Jährige, den der Aufsichtsratsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer im Oktober 2014 zum HSV lotste, steht nun vor der schwierigen Aufgabe, den Kader ohne Geld zu verbessern und zu verjüngen. Gelingt ihm das nicht, könnte es auch für Knäbel eng werden. Die Rucksack-Affäre, als ihm vertrauliche HSV-Dokumente gestohlen worden waren, hat ihn viel Reputation gekostet, ein klares Bekenntnis ließ Beiersdorfer zuletzt vermissen.
Und dabei bräuchte Knäbel eigentlich die volle Unterstützung. Die Profis Jaroslav Drobny, Ivo Ilicevic, Gojko Kacar und Emir Spahic warten dringend auf ein Zeichen, wie es weitergehen soll. „Ich mag den HSV, er ist mein Verein. Wir werden reden, möglichst vor dem nächsten Spiel“, meinte Kacar.
Drobny, stets Garant für gute Leistungen, wenn René Adler ausfiel, soll wohl dem jungen Darmstädter Keeper Christian Mathenia weichen. Vor der Nordtribüne hing ein Spruchband: „Drobny wertschätzen - Vertrag verlängern!“ Gesprochen hat mit dem Tschechen niemand. Guter Stil sieht anders aus.
Trainer Bruno Labbadia versuchte noch das Positive am Saisonverlauf zu sehen: „Wir sind ein Stück zufriedener, weil wir nie in akuter Abstiegsgefahr waren. Aber natürlich wissen wir, dass wir noch ganz viele Schritte machen müssen.“ Der HSV kreierte auch gegen den VfL vor zum fünften Mal in dieser Spielzeit mit 57 000 Besuchern ausverkaufter Kulisse einige gute Chancen - wie so oft fehlte ein Vollstrecker.
Pierre-Michel Lasogga war ohne Bindung und der zum letzten Mal eingewechselte Ivica Olic traf zum Abschied nur das Außennetz. „Uns hat der letzte Punch gefehlt“, monierte Labbadia wie schon so oft. Michael Gregoritsch und Sven Schipplock schaffen den Durchbruch in Hamburg nicht. Da muss dringend nachgebessert werden. Viel zu harmlos agierten die Hanseaten auch nach dem Siegtreffer durch Luiz Gustavo (73. Minute).
„Wir haben uns im Vergleich zur Vorsaison ohne Zweifel verbessert, aber nicht in dem Maße, wie wir uns das vorstellen“, sagte Beiersdorfer dem Hörfunksender NDR2.
Auch Idol Uwe Seeler mahnte. „Die dümpeln ja seit drei Jahren vor sich hin. Nochmal ein Jahr wäre bedenklich“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Zwei bis drei Fußballer mit Führungsqualitäten sollten geholt werden.
„Ich wünsche dem HSV und seinen tollen Fans, dass es bald besser läuft“, sagte Olic und erinnerte kurz an spannende Europa-Pokal-Abende vor sechs Jahren. Bis dahin hat der verschuldete Club noch einen steinigen Weg vor sich.