HSV ramponiert - Rieckhoff: „Thema Sammer beerdigt“
Hamburg (dpa) - Die Sammer-Absage hat beim HSV tiefe Wunden hinterlassen und für Spannungen gesorgt. Trainer Armin Veh und der verbliebene Sportchef Bastian Reinhardt streiten sich, Clubchef Bernd Hoffmann ruft Real Madrid zur Räson - und aus der Ferne grüßt Matthias Sammer: „Der HSV tut mir leid.“
Sammer hatte am Abend zuvor in einer Verteidigungsrede im TV-Kanal Sky seine Motive dargelegt. „Vielleicht etwas ärgerlich auch für den HSV, aber wenn man die Dinge nicht mehr kontrollieren kann, muss man Entscheidungen treffen, sagte der DFB-Sportdirektor. Vom DFB wegzugehen, sei eine Lebensentscheidung.
„Auch einen neuen Arbeitsbereich anzustreben, ist eine gewaltige Entscheidung. Deshalb würde ich sagen, wenn man das als Hausaufgabe betrachtet, ist das eine Diplomarbeit“, meinte er und erwiderte damit die Kritik von Ex-HSV-Manager Günter Netzer, der Sammer vorgeworfen hatte, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben.
Nach dem Debakel um die große Sportchef-Lösung findet der Hamburger SV nur schwerlich ins Fahrwasser zurück. Im Sog der Absage schaukelte sich ein Zwist zwischen Trainer Veh und Sportchef Reinhardt auf. Verglichen mit Sammer hat Veh seinem alten und neuen Sportdirektor fehlende Erfahrung angekreidet. Mit seinen 35 Jahren sei er möglicherweise zu jung, um die die Rolle des Sportchefs ausfüllen zu können, meinte der Coach.
„Das alles kann er nicht bewerkstelligen. Bastian ist ein guter und intelligenter Junge, braucht aber Zeit, einen Club wie den HSV führen zu können. Da muss er erst reinwachsen“, sagte Veh und provozierte damit den Ex-Profi, der kurz zuvor angedroht hatte, er werde sich nicht mehr in die Parade fahren lassen. Zudem, so Reinhardt, werden ihn jetzt einige kennenlernen.
Vereinschef Bernd Hoffmann beorderte beide zum Rapport und erklärte anschließend: „Es war gut und wichtig, dass jeder seine Sicht der Dinge aufzeigen konnte. Wir haben zudem vereinbart, dass wir ab sofort wieder miteinander und nicht übereinander sprechen. Schon gar nicht in den Medien, wie jüngst geschehen.“ Tagesbefehl: Jetzt wird eisern geschwiegen. Ob die Differenzen ausgeräumt sind, ist ein anderes Ding.
Aufsichtsratsvorsitzender Ernst-Otto Rieckhoff, der für die Sportchef-Suche mit seinem Gremium verantwortlich ist, hat Reinhardt das Vertrauen ausgesprochen. Der Vertrag des früheren Abwehrspielers läuft bis Sommer 2012. In absehbarer Zeit will niemand an dieser Tatsache rühren. „Wir haben das Thema Sammer beerdigt, wir haben auch das Thema Veh/Reinhardt abgehakt. Wir müssen Ruhe im Verein haben. Wir müssen uns auf das Tagesgeschäft konzentrieren“, forderte Rieckhoff am Montag. „Wir sollten jetzt über eine Tabelle reden, die noch einiges offen lässt.“
Gemeint ist der Vorstoß des HSV auf Rang sechs in der Bundesliga, der in den Aufregungen am Wochenende gänzlich unterging. Mit zwei Siegen sind die Hamburger die beste Mannschaft der Rückrunde. Eine Momentaufnahme zwar, aber nach den jüngsten Nackenschlägen der einzige Fakt, der den angeschlagenen und blamierten Verein in besseres Licht rückt. Rieckhoff sei, wie er nach den Erklärungen tags zuvor versicherte, mit sich im Reinen.
Unterdessen will Chef Hoffmann die seit Tagen anhaltende Diskussion um Ruud van Nistelrooy mit einem Machtwort beenden. Real, das laut Hoffmann zwei Millionen Euro für van Nistelrooy geboten hat, untersagte er künftige Abwerbeversuche. Das, bekräftigte Hoffmann, sei ein für alle Mal die letzte Absage an die Spanier.
Beobachter sorgen sich um die Motivation des Niederländers. Der hatte spanischen Gazetten gestanden, er würde gar die Hälfte der Ablöse aus eigener Tasche bezahlen, notfalls sogar gratis für Real spielen. „Ich will meine Karriere im Bernabéu-Stadion beenden. Das Geld ist mir egal“, schrieb die Zeitung „As“.