Selbstkritik in Gelsenkirchen „Joker“ Burgstaller sticht und erlöst Schalke
Gelsenkirchen (dpa) - Neues Jahr, altes Leiden - selbst Markus Weinzierl wusste nicht genau, ob er sich über die schwache Leistung seines Teams ärgern oder über den Last-Minute-Erfolg freuen sollte.
„Dass der Sieg glücklich war und wir uns schwer getan haben, wissen wir alle. In den nächsten Wochen müssen wir uns steigern. Trotzdem nehmen wir die drei Punkte gerne mit“, sagte der Trainer des FC Schalke 04 nach dem Zitterstart ins neue Pflichtspieljahr gegen den Abstiegskandidaten FC Ingolstadt.
Erst als Winter-Neuzugang Guido Burgstaller den Ball in der Nachspielzeit (90.+2) zum 1:0-Sieg irgendwie ins Gehäuse der tapfer kämpfenden Bayern bugsiert hatte, löste sich bei den Schalke-Fans unter den 58 004 Zuschauern in der spärlich besetzten Veltins-Arena die Anspannung. Und der 42 Jahre alte Fußball-Lehrer des Revierclubs gab zu: „Mir sind ganze Steine vom Herzen gefallen.“
Nur das Ergebnis versöhnte. „Es war kein gutes Spiel. Wir hatten zu wenig Bewegung, zu wenig Zug zum Tor. Zum Glück haben wir noch einen Ball reingestochert“, meinte Kapitän Benedikt Höwedes selbstkritisch. Das Team von Maik Walpurgis trat indes zwar frustriert, aber nicht mutlos die Heimreise an. „Wir hätten den Punkt verdient gehabt. Wir wollen das Positive mitnehmen und uns für das Heimspiel gegen den HSV wappnen“, sagte der FCi-Coach.
Einen richtig schönen Tag hatte nur der Siegtorschütze Burgstaller bei seinem Bundesliga-Debüt. In der 69. Minute hatte der erst zwölf Tage zuvor für 1,5 Millionen Euro aus Nürnberg verpflichtete Stürmer seinen Premierentreffer im Oberhaus noch verpasst, Sekunden vor dem Abpfiff wurde er dann zum Matchwinner. „Ich habe immer gehofft, dass ich noch eine Torchance bekomme. Es ist ein überragend geiles Gefühl, wenn du in der Nachspielzeit vor der blauen Wand treffen kannst“, sagte der 27-jährige Österreicher nach seinem Traumeinstand.
Burgstaller, erst zur zweiten Hälfte für den defensiven Johannes Geis von Weinzierl zur Unterstützung von Eric Maxim Choupo-Moting auf den Rasen geschickt, gehörte neben dem später ebenfalls eingewechselten Donis Avdijaj zu den wenigen Lichtblicken. „Es war gut, dass wir dann mit zwei klassischen Stürmern gespielt haben“, befand Weltmeister Höwedes und lobte den Neuzugang. Burgstaller, in Hinrunde mit 14 Toren für Nürnberg bester Zweitliga-Schütze, habe seinen „Torriecher“ bewiesen.
Neben der Beinahe-Blamage nervten Schalkes Manager Christian Heidel zwei Ärgernisse im Zusammenhang mit dem Afrika-Cup. Zwar gab der Weltverband FIFA rechtzeitig grünes Licht für einen Einsatz von Choupo-Moting, um dessen Spielerlaubnis es einige Tage Verwirrung gegeben hatte. Doch nun sieht Schalke sich trotz des freiwilligen Verzichts des Angreifers auf das Turnier in Gabun und einer fehlenden Einladung ungeheuren Forderungen des kameruner Fußball-Verbands ausgesetzt.
Die Afrikaner wollen eine Million Euro Strafe und drei Millionen Euro Schadenersatz von Schalke. „Für was?“, fragte Heidel in die Runde und schimpfte. „Da ist mir die Hutschnur hochgegangen.“ Er zeigt keinerlei Neigung, die vier Millionen Euro nach Kamerun zu überweisen. „Ich finde nicht ein einziges Argument, was dazu führen könnte, dass sich Schalke oder der Spieler falsch verhalten hätten.“
Dass Schalkes Chelsea-Leihgabe Abdul Rahman Baba mit einem Kreuzbandanriss und zwei kaputten Menisken aus Gabun zurückkehrte und wohl kein Spiel mehr für Königsblau absolviert, machte den Afrika-Cup bei Heidel auch nicht beliebter: „Es ist der Zeitpunkt gekommen, wo sich die Ligen und die großen Clubs gemeinsam Gedanken machen müssen, wie man mit dem Phänomen Afrika Cup mitten im Januar umgeht.“