Labbadia: Der Mann mit der Becker-Faust
Hamburg (dpa) - Bruno Labbadia war fix und fertig. Während er sprach, liefen ihm die Schweißperlen über das Gesicht. Die Augen rotumrandet, die Stimme belegt. Der letzte Versuch des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV beim Trainer-Lotto „1 aus 4“ war ein Volltreffer.
Labbadia wird gefeiert als Retter von Fast-Absteiger HSV. „Das ist ein unheimliches Gefühl“, stammelte der 49 Jahre alte Coach, der gern die Becker-Faust ballt und Luftsprünge produziert.
Sechs Wochen war er im Tunnel, versicherte der Hesse, der schon von Juli 2009 bis April 2010 die Hamburger betreut hatte, und schwor: „Abstiegskampf ist mit Abstand das Schlimmste!“ Als er das sagte, fiel ihm seine Familie ein. „Ich hoffe, dass meine Kinder noch mit mir sprechen. Die letzten sechs Wochen habe ich zu Hause überhaupt nicht stattgefunden.“ Seine Tochter und sein Sohn seien nicht begeistert gewesen, dass er erneut HSV-Trainer geworden war. „Aber meine Frau hat gespürt, dass ich es tun musste.“
Labbadia ist ein anderer geworden. Als er das erste Mal in Hamburg arbeitete, war er ungeduldiger. Da kam es vor, das er sich auch mal verzockte. Jetzt ist er gereift, gelassener und einen Schuss weiser. Er kann Menschen begeistern, Leute, die am Boden liegen, wieder aufrichten. Sein Credo: „Ein Trainer muss klare Entscheidungen treffen.“ Das tat er - konsequent.
Nach dem Rauswurf im April 2010 - der HSV war zu dem Zeitpunkt Siebter - sah Labbadia seine Aufgabe in der Hansestadt als unvollendet an. Das hat ihn, der einst als Stürmer für den HSV aktiv war, gewurmt. Und er gesteht eine Herzensbeziehung: „Ich lebe in dieser Stadt, ich liebe diese Stadt und den Verein.“
Sechs Bundesliga-Spiele vor Ultimo hatte der Sohn italienischer Einwanderer den Tabellenletzten übernommen, um zu retten, was eigentlich nicht mehr zu retten war. Labbadia holte drei Siege, ein Unentschieden, insgesamt zehn Punkte - die beste Bilanz jener vier Trainer, die sich in dieser Saison am HSV versuchten. „Bruno hat einen herausragenden Job gemacht“, lobte Vereinschef Dietmar Beierdorfer seinen ersten Angestellten. „Wir alle sind total beeindruckt.“
Der Coach wird Tage brauchen, um die emotionale Schwerstarbeit der vergangenen Wochen zu verarbeiten. „Sechs Wochen waren wie eine Saison - so intensiv“, berichtete er und fasste die Rettung gegen den Karlsruher SC zusammen. „Wir alle werden diesen Tag nicht vergessen, der wird ewig drin sein.“