Liga-Chek 17/18 Liga-Check: Hoffenheims Tanz auf drei Hochzeiten
Erstmals spielt die TSG im Europapokal. Die Wörter Gefahr und Doppelbelastung stehen auf dem Index.
Hoffenheim. Vom Abstiegsrang in die Champions-League-Qualifikation: Hält der Nagelsmann-Effekt auch in der neuen Saison an? Viel weiter raufgehen kann es ja gar nicht mehr für den Kraichgau-Club. Realistisch betrachtet. Eine Stabilisierung auf Vorjahresniveau oder knapp darunter wäre schon eine große Leistung. Julian Nagelsmann ist ein genauso fordernder wie fördernder Trainer. Spannend wird sein, wie der 30-Jährige mit Misserfolgsserien umgehen wird. So etwas hat der „Trainer des Jahres“ bislang weder als Jugend- noch als Profitrainer erlebt.
In den vergangenen drei Jahren hat kein Verein einen so großen Transferüberschuss erwirtschaftet wie die TSG Hoffenheim. Mit dem Ex-Gladbacher Havard Nordtveit (von West Ham United) wurde ein Süle-Nachfolger für die rechte Position in der Abwehr-Dreierkette gefunden. Allerdings könnte die TSG künftig auch häufiger wieder mit einer Viererkette in der Defensive agieren. Gesucht wird noch ein Sechser von internationalem Format: Der Fluch des Hoffenheimer Erfolgs besteht nun darin, bezahlbare Spieler zu finden, die das hohe Niveau noch heben. Die kosten allerdings 15 bis 20 Millionen Euro. Beträge, die man in Hoffenheim nicht ausgeben kann und mag. „Wir müssen jemanden finden, der die Qualität hat, um uns auf der Sechserposition sofort zu helfen“, sagt Julian Nagelsmann.
Der Verein will vor allem vom vorzüglichen Netzwerk des 52-Jährigen profitieren. Im Polsterstüberl von Hinterstoder (Österreich) sprach Flick während des Trainingslagers der TSG davon, „Wenn-Dann-Strategien zu entwickeln, weil im Fußball immer gewisse Dinge passieren können.“ Als er in fragende Gesichter blickte, schob Flick nach: „Ihr braucht jetzt gar nicht zu fragen, was ich damit meine.“ Ist auch nicht nötig. Passieren kann zum Beispiel Folgendes: Julian Nagelsmann wird den Club eines Tages verlassen. „Ich werde nicht sagen, bis zu welchem Datum ich in Hoffenheim bin, weil ich es selbst nicht weiß“, sagt Nagelsmann, der seinen Kontrakt bis 2021 verlängert hat. Hansi Flick ist deshalb als Headhunter gefordert, der den passenden Nachfolger am Tag X parat hat. Eins ist jetzt schon klar. Hansi Flick wird sich nicht noch einmal auf die Hoffenheimer Trainerbank setzen, so wie er das schon in den Jahren 2000 bis 2005 getan hat.
Die Wörter Doppelbelastung und Gefahr stehen bei der TSG vor dem Saisonstart auf dem Index. Gebetsmühlenartig spricht Sportdirektor Alexander Rosen davon, „die Gefahr nicht über die Freude zu stellen“. Der Kader ist mit rund 30 Spielern so groß wie seit langem nicht mehr. Nagelsmann will mehr rotieren lassen, um die 26, 27 Spiele dank Champions League oder Europa League in der Hinrunde mit Tempofußball meistern zu können.
Dafür muss die TSG die Hürde FC Liverpool nehmen. Man hatte als deutscher Vertreter in einem Play-off-Spiel schon wesentlich niedriger zu springen. Allerdings könnte den Hoffenheimern Liverpool ganz gut liegen. „Gegen Neapel hätte ich noch weniger gern gespielt“, sagt Nagelsmann. Denn gegen spielstarke Teams wie Bayern München oder Borussia Dortmund sah Hoffenheim zuletzt immer gut aus. Netter Nebeneffekt der zwei größten Spiele der Vereinsgeschichte: Zum ersten Mal seit den zwei Abstiegsendspielen gegen den 1. FC Kaiserslautern 2013 laufen zwei Hoffenheimer Spiele im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Beim morgigen Hinspiel (20.45 Uhr/ZDF live) schaut ganz Fußball-Deutschland auf den Kraichgau. Auch das Rückspiel am 23. August wird vom ZDF übertragen. „Für die Wahrnehmung des Clubs ist das super“, sagt Trainer Julian Nagelsmann.