Liga-Check 17/18 Borussia Mönchengladbachs Spagat mit Unbekannten

Fußball-Erstligist Borussia Mönchengladbach will wieder nach vorn, muss aber ohne Christensen und Dahoud auskommen.

Mönchengladbach. Alles um den Borussia Park herum ist Baustelle. Gegenüber der Arena entsteht ein großer Hotelkomplex mit Museum und Physiotherapie-Einheiten. Mönchengladbach wächst, die Fohlen galoppieren. Geht es tatsächlich immer aufwärts? Die vergangene Saison sagt: nicht automatisch.

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Nein, ganz sicher nicht. Der Verein ist in den vergangenen Jahren seit dem Relegationsspiel gegen Bochum in der Saison 2010/11 in erstaunlicher Manier gewachsen und hat nachhaltig gewirtschaftet. Dafür bürgt Geschäftsführer Stephan Schippers, ein seriös-solider Mann der Finanzen, der Investition exakt nur dann scheut, wenn das Risiko unüberschaubar wird. Klar ist: Die Borussia kann nur sehenswert investieren, wenn es entweder Einnahmen aus europäischen Wettbewerben oder exorbitante Transfereinnahmen gibt. Beides trifft in diesem Jahr nicht zu, vor diesem Hintergrund ist der 17-Millionen-Transfer von Matthias Ginter durchaus erstaunlich. Aber auch logisch, weil Gladbach gute Reserven hat. „Wir wollten nach dem Abgang von Andreas Christensen einen gestandenen Abwehrspieler, und wir wollten unbedingt Matthias Ginter“, sagte Eberl, der Ginter seit Jahren auf der Liste hat.

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Schwierig, aber nicht unmöglich. Christoph Kramer — immer ein Mann des offenen Wortes — hält die Lücke, die der Abgang von Andreas Christensen hinterlassen hat, für nicht sonderlich groß. Das war kein Angriff auf den von den Werten her besten Verteidiger der vergangenen Saison, sondern vielmehr ein Lob an Ginter, mit dem Kramer 2014 Weltmeister geworden ist — auch wenn er sich an große Teile dieses Tages nicht mehr erinnert. Auch Eberl, der Christensen noch immer spürbar gerne gehalten hätte, sieht in Ginter einen spielstarken Mann mit echten Zweikampfqualitäten. Auf den Ex-Dortmunder wird es ankommen. Zwei Hoffnungen verbinden sich mit dem Abgang des hoch talentierten Mahmoud Dahoud: der Ungar Laszlo Bénes deutete in der Rückrunde bei vereinzelten Einsätzen sein Potenzial an und soll jetzt groß rauskommen. Ob das gelingt, hängt auch davon ab, wie schnell der Schweizer Denis Zakaria ankommt, für den Eberl rund 12 Millionen Euro gezahlt haben soll. Zakaria ist noch immer angetan ob des Europapokalspiels mit Ex-Club Bern in Gladbach: „Wie die gespielt haben, Zack,, zack, zack. Das ging so schnell. Es war das schwierigste Spiel meiner Karriere.“ Ob er da bald mitspielen darf?

Weil die letzten beiden Jahrgänge des eigenen Nachwuchses am Niederrhein nicht sonderlich ergiebig gewesen sind. Sagt Eberl. Das werde sich aber bald wieder ändern. So lange schaut Gladbach in aller Herren Länder, bevorzugt bei Nachwuchs-Nationalteams, um Spieler zu finden, die wenig bis gar nichts kosten und in Gladbach wertvoll werden. „Wir haben einen Zweijahres-Zyklus, in dem junge Spieler die Chance haben, sich bei uns zu etablieren. Wenn nicht, dann kommen die nächsten. Das ist alternativlos. Wir müssen Visionen haben, wie wir Geld generieren können“, sagt Eberl und zeigt auf, wie heute Geld verdient wird: „Der Ausbau der Infrastruktur ist das eine, aber bei den heutigen Zahlen ist das nur eine schöne Unterstützung. Wenn du wie im Fall Granit Xhaka für acht Millionen kaufst und für 42 Millionen verkaufst, sind das eben andere Dimensionen.“

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Weil der Trainer offen und ehrlich mit dem Kader umgehe und für klare taktische Strukturen stehe. Das Spiel unter Heckings Vorgänger André Schubert, der in der vergangenen Saison gehen musste, war für Kramer am Ende nur noch schwierig zu bewältigen, gestand er unlängst in einem Interview. Man sei als Sechser in keinen Zweikampf mehr gekommen, weil man nur noch Löcher habe zulaufen müssen. Trotzdem wird Hecking den Spagat schaffen müssen, erfolgreich zu sein und junge Spieler aufzubauen. Das verlangt Eberl, das verlangt die Philosophie des Vereins.

Vielleicht in zwei Jahren, vielleicht aber auch nie. Das hängt sicher vom weiteren Weg der Bayern ab, die ja bald einen neuen Sportdirektor holen wollen. Dass aber Eberl weiter auf der Liste von Bayern-Präsident Uli Hoeneß ganz oben steht, wenn es um eine dauerhafte Nachfolge im Club, dann vielleicht auch als Sportvorstand geht, darauf darf man zählen. Jetzt gilt: Eberl ist Gladbacher aus Überzeugung. „Ich habe eine Entscheidung getroffen, die ich für mich als richtig erachte. Immer noch“, sagte er und unlängst.