Magath wieder in Wolfsburg: „Chef ist zurück“
Wolfsburg (dpa) - Der „Meistermacher“ von 2009 soll zum Retter 2011 werden: Felix Magath regiert nur zwei Tage nach seinem Rauswurf auf Schalke wieder in Wolfsburg. In der für den Mutterkonzern imageschädlichen sportlichen Krise des VfL greift VW damit zur Radikallösung.
662 Tage nach seinem Abschied als gefeierter Meistercoach kehrt Magath als Trainer und Geschäftsführer an die Stätte eines seiner größten Erfolge zurück. „Ich war sofort Feuer und Flamme“, sagte Magath am Freitag bei seiner Vorstellung. In Wolfsburg erhält der erst am Mittwoch beim Ligarivalen FC Schalke 04 beurlaubte Magath einen Vertrag bis 2013, der auch für die 2. Liga gilt.
Mit dem bisherigen Manager und Geschäftsführer Dieter Hoeneß kannten die VW-Bosse kein Pardon. Der 58-Jährige muss seinen Stuhl wegen Erfolglosigkeit räumen. Der Vertrag mit Hoeneß wurde nach nur gut einem Jahr aufgelöst. „Wir haben nach dem 1:2 am Samstag gegen Nürnberg viele Gespräche geführt. Dabei hat sich herausgestellt, dass wir unterschiedliche Auffassungen über die nun notwendigen Maßnahmen hatten“, sagte VW-Vorstandsmitglied und VfL-Aufsichtsratschef Francisco Javier Garcia Sanz. Die Rückkehr Magaths bezeichnete er als eine Geschichte, die „nur der Fußball schreiben“ kann.
Der 57-Jährige wurde bei seinem ersten Training am Nachmittag begeistert von rund 1500 Schaulustigen empfangen. Auch die Spieler erwarten von ihm den nötigen Schub im Kampf gegen den Abstieg. „Ich bin glücklich, der Chef ist zurück“, sagte Stürmer Grafite, der unter Magath in der Meistersaison Torschützenkönig geworden war. „Was wir jetzt brauchen, ist eine Winner-Mentalität. Er wird sie mitbringen“, sagte Mittelfeldstar Diego.
Magath ist bereits der dritte VfL-Trainer in der laufenden Saison. Im Februar hatte der vorherige Co-Trainer Pierre Littbarski das Amt vom glücklosen Steve McClaren übernommen. Was mit Littbarski geschieht, ist noch unklar. Der 50-Jährige hat einen Vertrag bis 2012 und stand am Freitag mit auf dem Trainingsplatz. Erst am Donnerstag hatte Littbarski in einem dpa-Interview Magaths Arbeit kritisiert und dessen physisch und psychisch forderndes Training als einen der Gründe für den sportlichen Absturz des Ex-Meisters ausgemacht.
„Selbstverständlich habe ich mit Pierre Littbarski auch darüber geredet“, berichtete Magath, nach dessen Auskunft jedoch „keine personelle Entscheidung“ anstehe. Auch in Wolfsburg arbeitet Magath wie zuvor auf Schalke mit Bernd Hollerbach und Werner Leuthard zusammen. Beide lösten am Freitag ihre Verträge beim Champions-League-Viertelfinalisten auf.
Gerade einmal 48 Stunden zuvor hatte Magath Schalke nach heftigen Querelen verlassen müssen. Zum juristischen Streit zwischen 04 und Magath wird es indes nicht kommen. Wie der Revier-Club am Abend in einer Presseerklärung mitteilte, sei die Trennung „nach einer offenen Aussprache gütlich und einvernehmlich“ erfolgt. Die gegenseitigen Vorwürfe seien vom Tisch. „Sofern Herr Magath zustimmungspflichtige Geschäfte ohne vorherige Zustimmung des Aufsichtsrates getätigt haben sollte, sind diese durch den Aufsichtsrat nachträglich genehmigt worden“, hieß es weiter. Am 9. April kommt es in der Bundesliga zum brisanten Duell zwischen Schalke und Wolfsburg.
Magath sitzt erstmals am Sonntag bei einem seiner weiteren Ex-Clubs VfB Stuttgart auf der VfL-Bank. Gegen den direkten Konkurrenten im Kampf gegen den Abstieg steht Wolfsburg stark unter Druck. „Die Lage ist prekär. Der VfL droht in die 2. Liga abzusteigen“, sagte Garcia Sanz. Der Aufsichtsratschef ist trotzdem sicher: „Magath wird die Mannschaft zum Klassenerhalt führen.“
Wie zu Beginn seiner Trainerlaufbahn ist Magath nun zunächst als Retter gefragt. 1999/2000 hatte er Eintracht Frankfurt am letzten Spieltag vor dem Abstieg bewahrt. „Ich weiß nicht, ob Magath die Titanic gerettet hätte. Die Überlebenden wären auf jeden Fall topfit gewesen“, hatte Eintracht-Stürmer Jan-Aage Fjörtoft damals gesagt.
Ähnliche Fähigkeiten muss Magath auch diesmal wieder aufbringen. Der mit Europapokal-Ambitionen in die Saison gestartete VfL hinkt mit einem teuren Kader den gesteckten Zielen eklatant hinterher. Trotz aller Not in Wolfsburg kommt Magaths Comeback überraschend. Knapp zwei Jahre lang hatte VW versucht, den eigenen Werksclub nach Magaths vorzeitigem Wechsel nach Schalke strukturell neu auszurichten.
Magaths Nachfolger Armin Veh war mit der Rolle als Trainer, Manager und Geschäftsführer, wie Magath sie innehatte, überfordert und scheiterte nach nur gut einem halben Jahr. Offensichtlich aus Angst vor dem ersten Abstieg aus der Bundesliga vollzogen die VW-Bosse im VfL-Aufsichtsrat nun die Rolle rückwärts und kehren zu dem System zurück, das mit Hoeneß überwunden werden sollte. „Wir sind überzeugt davon, dass wir mit Felix Magath diese Organisationsform wieder einführen können“, sagte Garcia Sanz.