Bizarre Bundesliga - Van Gaal: „Welt ist verrückt“
Düsseldorf (dpa) - In der Bundesliga geht es drunter und drüber. Verblüffende Trainerwechsel, wankende Topclubs und spielstarke Außenseiter prägen das Bild einer der ungewöhnlichsten Spielzeiten der Ligahistorie.
Auch am 27. Spieltag geschieht Denkwürdiges: In Felix Magath, Michael Oenning und Seppo Eichkorn übernehmen gleich drei Fußball-Lehrer neue Aufgaben. „Die Welt ist verrückt. Es kann doch nicht sein, dass das passieren kann“, kommentierte Bayern-Coach Louis van Gaal das ungewöhnliche Treiben der vergangenen Tage.
Dass Oenning und Eichkorn am Wochenende in Hamburg und bei Schalke als Aushilfstrainer einspringen, geht im Trubel um Magath fast völlig unter. In einer Nacht- und Nebelaktion kehrte er zurück an seine alte Wirkungsstätte. Nur vier Tage nach seiner von Querelen begleiteten Abberufung „auf“ Schalke sitzt Magath am Sonntag im Duell mit dem VfB Stuttgart auf der Trainerbank des VfL Wolfsburg, den er direkt nach der Meisterfeier 2009 verlassen hatte. „Es gab keine Sekunde zu überlegen“, erläuterte Magath seinen rekordverdächtigen Vereinswechsel.
Es passt ins Bild von der bizarren Bundesliga, dass sich Wolfsburg und Stuttgart in dieser Saison bereits den dritten Coach leisten. „Es ist auffällig, welche Unruhe in dieser Saison besteht. Es zeigt aber den Druck, der im Kessel Bundesliga besteht“, befand Hannovers Clubchef Martin Kind. Mit der Entscheidung von Magath für Wolfsburg war der bereits neunte Trainerwechsel der Saison perfekt. Diese hohe Fluktuation bewertete auch Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge kritisch: „Was da im Moment passiert, macht in der Außendarstellung keinen guten Eindruck. Ich sehe das schon mit einem gewissen negativen Effekt.“
Die jüngsten Schlagzeilen über seine Kollegen veranlassten Louis van Gaal zu dem Vorschlag, ähnlich wie für die Profis ein Transferfenster für Fußball-Lehrer einzuführen. Es sei nicht normal, dass ein Coach wie Magath erst bei Schalke arbeite und dann beim VfL Wolfsburg oder Ralf Rangnick erst bei 1899 Hoffenheim und dann in Gelsenkirchen. Der Trainer des FC Bayern sprach indirekt von einem verzerrten Wettbewerb: „Ich habe zum Beispiel gegen Wolfsburg mit anderem Trainer gespielt. Und ein Trainer ist auch bestimmend für eine Mannschaft.“
Neben Jungdynamikern wie Jürgen Klopp (Dortmund), Thomas Tuchel (Mainz) und Robin Dutt (Freiburg) liegen altbewährte Trainer im Trend: Ähnlich wie die „Wölfe“ setzten auch die Schalker auf einen ehemaligen Coach. Von Montag an soll Ralf Rangnick, der im Dezember 2005 trotz beachtlicher Punktausbeute im Unfrieden geschieden war, den Gelsenkirchener Chaostagen ein Ende bereiten. Zudem liebäugelt der FC Bayern mit der Verpflichtung von Jupp Heynckes, der bereits zweimal in München tätig war.
Bevor Rangnick „auf“ Schalke die Regie übernimmt, springt Eichkorn für das Spiel am Sonntag in Leverkusen als Chefcoach ein. Doch mehr noch als der einstige Magath-Vertraute wird sein Gegenüber Heynckes im Rampenlicht stehen. Schließlich hat der Routinier angekündigt, sich am Tag nach der Partie zu seiner Zukunft zu äußern. Hartnäckig halten sich die Gerüchte, wonach Heynckes vor einem Wechsel zu den Bayern steht. Dessen Hinhaltetaktik missfällt Wolfgang Holzhäuser: „Entweder er nimmt das Angebot an oder er lässt es“, sagte der Bayer-Geschäftsführer schroff.
Ähnlich ungewöhnlich wie bei den Trainern geht es seit Monaten in der Tabelle zu. Mit Schalke (10.), Bremen (12.), Stuttgart (13.) und Wolfsburg (17.) tummeln sich vier Clubs in der unteren Hälfte, die mit ganz anderen Zielen in die Saison gestartet waren. Stattdessen setzen die weniger hochgehandelten Teams aus Dortmund (1.), Hannover (3.), Mainz (5.) und neuerdings auch aus Nürnberg (6.) die Akzente. Mit 20 Punkten stellen die Nürnberger das beste Team der Rückrunde und könnten mit einem Heimsieg über Werder Bremen in Europapokal-Regionen vorstoßen.
Das Spitzenspiel des Wochenendes steigt am Samstag in Dortmund, wo der Tabellenführer das drittstärkste Auswärtsteam der Liga aus Mainz empfängt. Viel wird davon abhängen, wie die Elf von Jürgen Klopp die überraschende 0:1-Niederlage in Hoffenheim verkraftet. „Wer glaubt, nur weil wir 18 Punkte mehr als Mainz auf dem Konto haben, gewinnen wir im Vorbeigehen, hat diese Bundesliga-Saison noch nicht kapiert“, warnte der BVB-Coach.