Mainz im Glücksrausch - Tuchel: „Nichts schönreden“
Mainz (dpa) - Die Zuschauer johlten, die Spieler konnten ihr Glück kaum fassen. Nur Thomas Tuchel stimmte nach dem späten Ausgleich beim 2:2 (0:2) des FSV Mainz 05 in der Fußball-Bundesliga gegen 1899 Hoffenheim nicht in die Jubelarie ein.
„Wir dürfen nicht den Fehler machen, im Glücksrausch alles schönzureden“, mahnte der 05-Trainer mit ernster Miene. Spielverderber wollte der 40-Jährige eigentlich nicht sein. Aber der kritische Geist hatte bis aufs glückliche Ende zu viel Negatives gesehen, um die Krise von fünf Pflichtspiel-Niederlagen mit dem Punktgewinn für beendet zu erklären.
15 starke Minuten reichten, um aus dem 0:2 nach Treffern von Kevin Volland (14. Minute) und Roberto Firmino (22.) durch Eric Maxim Choupo-Moting (82.) und Nikolce Noveski (90.+2) ein Remis zu machen. Der Spielverlauf sei ja gut fürs Seelenheil, meinte Tuchel, doch gebe es reichlich Platz für Verbesserungen. Die würde er nur zu gern in der Länderspiel-Pause angehen. Geht aber nicht, denn eine ganze Reihe Leistungsträger ist international unterwegs.
„Da hätten wir mal über unangenehme Wahrheiten sprechen können“, meinte Tuchel. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß, beim nächsten Gegner, dem neuen Tabellenführer Bayern München, ins gerade abgelegte Muster zurückzufallen. „Eine Niederlage dort ist wahrscheinlich. Wir müssen uns frei von Serien machen“, forderte der 05-Coach.
Überwältigt von seinen Gefühlen war Heinz Müller. Der langgewachsene Torhüter war beim letzten Eckball in den gegnerischen Strafraum gehastet, erwischte mit dem Kopf den hereinfliegenden Ball und bereitete damit den glücklichen Ausgleich vor. „Es ist mit Worten gar nicht zu beschreiben, wie wichtig dieser Punkt für uns ist. Als der Ball drin war, wäre ich vor Freude am liebsten aus dem Stadion gerannt. Aber ich hoffe nicht, dass es jetzt zur Regel wird, dass ich die letzten Minuten mitstürmen muss“, sagte der Keeper.
Tuchel erdete Müller schnell wieder und gab ihm eine Teilschuld an den Gegentoren. Auch der Ausflug in den Hoffenheimer Strafraum gefiel dem Mainzer Trainer nicht besonders. „Diesmal ging es zum Glück gut aus.“ Ein bisschen Lob hatte Grantler Tuchel aber doch noch parat. „Es war uns sehr bewusst, dass wir immer zurückkommen können, wenn wir kein drittes Tor bekommen. Kompliment an die Mannschaft, wir haben zwar mit bescheidenen Mitteln gespielt, aber den Punkt erzwungen. Es tut uns auf jeden Fall gut, noch etwas Zählbares bekommen zu haben“, erklärte der Trainer.
Freuen konnte sich im Lager von 1899 Hoffenheim niemand über den Auswärtspunkt. „Wir haben über weite Strecken ein gutes Spiel gemacht. Wir haben am Ende 15 Minuten extrem nachlässig verteidigt und stehen jetzt gefühlt mit leeren Händen da. Ein Punkt in einem Spiel, dass du gewinnen musst, ist zu wenig. Wir werden die Fehler genau besprechen. So kann das nicht über die ganze Saison weitergehen. Wir müssen auch mal 90 Minuten unser Spiel durchbringen“, schimpfte Trainer Markus Gisdol.
Kapitän Andreas Beck waren die Ursachen für den Leistungsknick unverständlich. „Ich weiß nicht, was in uns gefahren ist. Wir standen allgemein nicht gut. Wir sind natürlich alle sehr enttäuscht. In der Kabine war es sehr ruhig. Das darf uns nicht passieren“, klagte der frühere Nationalspieler.