Malanda-Tod überschattet Bundesliga-Spitzenspiel
Wolfsburg (dpa) - Für den VfL Wolfsburg ist das Spitzenspiel gegen Bayern München weit mehr als eine sportliche Herausforderung. Der Unfalltod von Junior Malanda am 10. Januar hat Substanz gekostet - physisch und psychisch.
„Ich wünschte, wir hätten noch eine Woche mehr Zeit“, sagte VfL-Coach Dieter Hecking vor dem Rückrundenauftakt der Fußball-Bundesliga am Freitag. Zusätzlich zur mentalen Belastung, die mit Trauerflor, Schweigeminute und wohl emotionaler Choreographie der Fans noch einmal erdrückend werden kann, wies Hecking auch auf fehlende Trainingszeit hin.
Durch die Trauerfeier für den nur 20 Jahre altgewordenen Belgier fielen eingeplante Einheiten aus. Zudem wurde der Abflug ins Trainingslager nach Südafrika nach Malandas Autounfall verschoben. Ohnehin war die Arbeit in Kapstadt nach dem Schock beeinträchtigt. „Wir hatten Momente, in denen wir nicht hundertprozentig konzentriert waren“, bekannte Hecking.
Vor dem Schlagerspiel zwischen dem Zweiten und dem Ersten reden fast alle nur von der möglichen Gefahr für den VfL, psychologisch bedingt einzubrechen. Selbst die Münchner machen sich Gedanken. „Ich habe viele Vertreter des VfL Wolfsburg in Zürich beim Ballon d’Or gesehen, die waren schon sehr geschockt. Das war eine schlimme Tragödie“, meinte etwa Torhüter Manuel Neuer.
Bayern-Clubchef Karl-Heinz Rummenigge schrieb Malandas Eltern nach eigener Auskunft einen Brief. „Das ist eine Tragödie. Die Liga und der FC Bayern tragen dem Rechnung. Es wird dort eine Schweigeminute geben, wir werden Trauerflor tragen“, sagte Rummenigge.
Die Wolfsburger Spieler machen sich Gedanken über die Folgen ihrer Trauer. „Auf dem Platz sind wir bemüht, konzentriert zu arbeiten und damit professionell umzugehen. Aber die Momente, in denen du Zeit zum Nachdenken hast und dich die Gefühle einholen, sind nicht leicht“, gestand Kapitän Diego Benaglio. Wohl auch deshalb scheint es vor dem Rückrundenstart VfL-Strategie zu sein, die eigene Stärke zu betonen.
„Wir werden vorbereitet sein. Deswegen graut mir auch nicht davor“, betonte Allofs, der den Psychologen Andreas Marlovits unmittelbar nach dem Unglück engagierte und mit ins Trainingslager nahm. So etwas wie Nachbar Hannover 96, der 2009/2010 nach dem Suizid Robert Enkes traumatisiert zwölf Spiele in Serie sieglos blieb und davon elf Partien verlor, soll dem VfL bloß nicht passieren. Vollkommen überfordert nach Ereignissen damals hatten die Hannoveraner erst spät Hilfe von Marlovits in Anspruch genommen.
Schon früh wies VfL-Coach Hecking auf die psychologische Gefahr nach der Tragödie für sein Team hin. „Wir haben noch viele schwere Tage vor uns“, sagte Hecking und nannte ausdrücklich das erste Pflichtspiel nach dem Unfall als Beispiel. Von Beginn an waren die Wolfsburger darauf bedacht, keine emotionale Blockade entstehen zu lassen. „Die äußeren Zeichen werden Trauerflor und die Gedenkminute sein. Entscheidend ist aber, was in der Mannschaft passiert. Das muss nichts sein, was plakativ nach außen getragen wird“, sagte VfL-Manager Klaus Allofs etwa im „Kicker“.
Inzwischen ist vor allem Allofs derjenige, der demonstrativ die Stärke des VfL-Teams betont. „Natürlich könnte man denken, dass dieses Unglück uns schaden kann. Ich glaube aber, dass wir uns noch schneller entwickeln werden“, meinte Allofs angesichts der „Situation, die uns alles abverlangt“. Noch vor einigen Tagen hatte er sich skeptischer geäußert. „Normalität ist es nicht. Das wird wohl noch längere Zeit so bleiben.“