Bundesliga Missglückter Saisonstart: Weltuntergang in 270 Minuten
Nach nur drei Spieltagen liegen Hamburg und Schalke in tiefer Depression, in Bremen ist bereits der Trainer weg. Eine Bestandsaufnahme vor dem vierten Durchlauf, der heute beginnt.
Düsseldorf. Werder Bremen, Schalke 04 und der HSV — das Ende der Bundesliga-Tabelle zieren nach drei Spieltagen drei echte Traditionsclubs. Die Nervosität ist groß, der erste Trainer ist entlassen. Und der Zirkus zieht gleich weiter. Heute und morgen steigt der vierte Bundesliga-Spieltag.
Die Anhänger von Werder Bremen galten immer als Traditionalisten mit Geduld und Herzblut. Nun sind aber auch die Grün-Weißen im kalten Business Existenzkampf angekommen: Wer nach drei Spieltagen seinen Trainer entlässt, obwohl er nach dem ersten Spieltag noch kommuniziert hat, der Trainer dürfe auch achtmal in Folge verlieren, ohne gehen zu müssen, hat gleich mehrere Probleme: den Trainer Viktor Skripnik und den Geschäftsführer Frank Baumann zum Beispiel.
Baumann hat als Nachfolger des geschassten Thomas Eichin in den ersten Amtswochen wahrlich kein gutes Bild abgegeben. Eichin musste gehen, weil er Skripnik nicht mehr wollte. Jetzt sind Eichin und Skripnik weg — und nur noch Baumann übrig. Erste-Hilfe-Maßnahme ist der Trainer-Newcomer Alexander Nouri (37), der bislang die Bremer Reserve in der 3. Liga coachte. Gegen Mainz am Mittwoch soll er die ersten Punkte in den Norden holen. Auch Skripnik begann im November 2014 einst gegen Mainz — mit einem 2:1-Erfolg. Und Nouri, der sich mit Siegen vielleicht einen fixen Job in der Liga besorgen kann? Der feierte mit der Werder Reserve am Wochenende einen 2:1-Sieg — gegen Mainz 05 II.
Trost finden Werder-Fans nach Pokal-Aus, drei Niederlagen zum Liga-Start und 2:12 Toren derzeit nur im Bundesliga-Geschichtsbuch. Seit 1963 sind 45 Mannschaften mit drei Niederlagen gestartet — nur zwölf davon sind am Ende der Saison abgestiegen. Und nur ein Verein zog den Kopf sogar dreimal aus der Fehlstart-Schlinge: Werder Bremen. 1966/67, 1967/68 und 1998/99 sicherten sich die Grün-Weißen trotz dreier Auftaktniederlagen noch den Klassenerhalt. Wenn das keine Verheißung ist . . .
Auf solch eine Statistik zählt ab sofort auch der FC Schalke 04. Und wundert sich selbst darüber. Punktlos und torlos nach Spieltag drei ist ungefähr das, was man von der Diva aus dem Ruhrpott gar nicht erwartet hatte. Als Manager Christian Heidel bei Amtsantritt davon sprach, Schalke werde auch weiter „mal Spiele verlieren“, wird er einen sanft notwendigen Umbruch und eigenes Understatement, nicht aber eine solche Bilanz im Sinn gehabt haben.
Einmalig ist die freilich nicht. Auch in der Saison 1985/86 waren die Knappen nach drei Spieltagen noch ohne eigenes Tor, wurden am Saisonende Zehnter. Und unter Felix Magath verlor man vor sechs Jahren sogar die ersten vier Saisonspiele. So ist die Tristesse einmal mehr ein treuer Begleiter im Verein, dessen Kader zu spät zusammengestellt wurde — und jetzt von Beginn an der Musik hinterherläuft. Schalke bleibt der sicherste Ort, an dem sich das Scheitern auf hohem Niveau begutachten lässt. Dass Trainer Markus Weinzierl morgen gegen Köln erneut die Laune verhagelt wird, ist allerdings unwahrscheinlich: Als Köln im vergangenen Jahr mit sieben Punkten aus drei Spielen gestartet war, verlor der FC am vierten Spieltag mit 2:6 in Frankfurt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Kölns Trainer Peter Stöger hat gegen Schalke eine gute Bilanz von drei Siegen und nur einer Niederlage.
Bruno Labbadia wird für gewöhnlich selten müde zu betonen, wie gern er seinen Job in Hamburg macht. Tenor: tolle Stadt, toller Club. Gilt aber auch: toller Trainer? Davon scheinen nicht mehr alle überzeugt. Nach drei Spielen und nur einem Punkt wird Hamburgs Spiel in Freiburg als „Endspiel“ für den Fußball-Lehrer angesehen, Labbadia selbst hält die Aufgabe für „überlebenswichtig“. Jüngste Aussagen des Vorstandschefs Dietmar Beiersdorfer deuten darauf hin, dass diese Prognose nicht ganz abwegig ist: „Wir müssen Änderungen so schnell wie möglich herbeiführen. Möglichst schon in Freiburg.“
Ganz ungewöhnlich sind diese schnellen Personalwechsel nicht — schon gar nicht beim HSV. So waren 2009 gleich vier Bundesliga-Trainer noch vor Ende September nicht mehr im Amt. Mit Mirko Slomka (2014), Torsten Fink (2013) und Michael Oenning (2011) traf es in den vergangenen zehn Jahren allein drei Hamburger Fußball-Lehrer zu einem ähnlich frühen Zeitpunkt. Immerhin 35 Millionen hat der Club in junge Spieler wie Wood, Kostic, Halilovic und Santos investiert. Jetzt müssen Ergebnisse her.