Mit Stotterstart in die Provinz: Mission Rettung beim HSV

Malente (dpa) - Plattes Land, grasende Kühe und patrouillierende Polizei-Autos haben den Hamburger SV beim Einzug ins Kurztrainingslager von Malente empfangen.

Kaum war der Vereinsbus mit den 27 Spielern an Bord um 13.04 Uhr in die Drei-Sterne-Fußballschule namens Uwe Seeler gerollt, wurde die Zufahrt versperrt. „Die Sportanlage ist für die Öffentlichkeit geschlossen“, stand auf einem Schild. Das Brimborium drumherum erzeugte einen Hauch von G7-Gipfel. Tatsächlich bereitet sich der Bundesligist nur auf sein letztes Saisonspiel gegen den FC Schalke 04 am Samstag vor. Das, meinen viele Fans, sei aber wichtiger als die große Politik: Immerhin steht der erstmalige Abstieg des HSV aus der deutschen Eliteliga zur Debatte.

Die Mission Rettung begann mit einem Stotterstart. Bei der Abfahrt am heimischen Stadion streikte der Mannschaftsbus. Die Ankunft in der ostholsteinischen Idylle verzögerte sich jedoch nur um wenige Minuten. Beobachtet von mehreren TV-Teams und dem diesmal nicht wie üblich mit dem Fahrrad, sondern mit dem Auto angereisten Edelfan „Helm-Peter“ traf das Team von Bruno Labbadia in der Sportschule ein. In der hatte schon die deutsche Nationalmannschaft den Grundstein für den Gewinn der WM-Titel 1974 und 1990 gelegt.

Um Titel geht es diesmal aber nicht. Vielmehr will Labbadia abgeschottet von der Öffentlichkeit dort bis Freitag mit allen verfügbaren Kräften arbeiten, um den ersten HSV-Abstieg in letzter Sekunde zu verhindern. „Wir legen Wert auf größtmögliche Geschlossenheit und unsere Gemeinschaft. Daher möchten wir auch alle dabei haben“, erklärte der Coach.

In der legendären Malenter Sportschule will Labbadia die Basis für den zur sportlichen Rettung nötigen Heimsieg legen. Zudem braucht der Tabellenvorletzte Schützenhilfe der Konkurrenten in den Duellen SC Paderborn gegen VfB Stuttgart und Hannover 96 gegen SC Freiburg.

In Malente fehlt nur der Schweizer Nationalspieler Valon Behrami, da er „wegen seiner Verletzung ohnehin nicht mittrainieren könnte“, so ein HSV-Sprecher. Kapitän Rafael van der Vaart fuhr mit, obwohl er am Samstag gelbgesperrt fehlt. Auch die zuletzt angeschlagenen Pierre-Michel Lasogga, Johan Djourou und Nicolai Müller sind dabei.

Sie alle wollen sicherstellen, dass die einzigartige Bundesliga-Uhr des Liga-Dinos weiterticken darf. Die Digitaluhr zeigt die 52-jährige Zugehörigkeit des HSV zur deutschen Eliteliga auf die Sekunde genau an. Fest steht, dass der Chronometer im Abstiegsfall nicht mit dem Schlusspfiff abgestellt werden soll. Der HSV bestätigte, dass die Uhr am Samstag noch bis 23.00 Uhr weiterlaufen und dann wie üblich in den nächtlichen Energie-Sparmodus geschaltet wird. Sollte der HSV-Abstieg am Samstagabend nach 51 Jahren und 272 Tagen aber besiegelt sein, wird die Uhr am Sonntag entgegen der Gewohnheit nicht wieder angestellt. Zumindest „Helm-Peter“ ist optimistisch. Der 69-Jährige, der diesmal ein HSV-Käppi trug, formte mit beiden Händen Victory-Zeichen.