Nach Terror-Schock: Sicherheit hat „höchste Priorität“
Berlin (dpa) - Die Fußball-Bundesliga spielt am Wochenende unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen.
„Wir wollen dem Terror nicht weichen. Auf der anderen Seite muss der Schutz von Menschenleben höchste Priorität genießen“, sagt Ligapräsident Reinhard Rauball. Nach der Absage des Länderspiels zwischen Deutschland und den Niederlanden in Hannover am Dienstagabend rückt nun auch im Liga-Geschäft die aktuelle Gefahrenlage zentral ins Blickfeld.
Wer hat die Hoheit über Sicherheitsfragen in der Fußball-Bundesliga?
DFB-Interimschef Rainer Koch wies die Verantwortung für die Prüfung der Sicherheitsvorkehrungen zunächst den Spitzen der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu. Die DFL hat allerdings offiziell keinen eigenen Sicherheitsbeauftragten. Das Thema fällt künftig in die Zuständigkeit von Ansgar Schwenken, der sein Amt als neuer Direktor für Fußball-Angelegenheiten und Fans bei der DFL aber erst am 30. November antreten soll. So laufen derzeit viele Fäden noch beim DFB mit seinem Sicherheitschef Hendrik Große Lefert zusammen. „Dank der intensiven Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden können die Clubs auf gut funktionierende Netzwerke zurückgreifen“, sagte Große Lefert. Auch jeder Profiverein muss einen Sicherheitsbeauftragten beschäftigen, der den Kontakt zu Behörden und Ordnungsdiensten hält.
Wie schätzen Behörden und Sicherheitsexperten die Lage vor dem nächsten Bundesliga-Spieltag ein?
Ein generelles Risiko sieht der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius nicht. „Wir können nicht davon ausgehen, dass jeder Bundesligaspieltag konkret gefährdet wäre“, sagte der SPD-Politiker. Es gebe „keine Anhaltspunkte, die Bundesliga infrage zu stellen“. Der frühere DFB-Sicherheitschef Helmut Spahn sieht keine besonders erhöhte Gefahr für Top-Sportereignisse wie die Bundesliga. „Prinzipiell ist es nichts Neues, dass Sportveranstaltungen ein Ziel sind - so wie jeder Ort, an dem viele Menschen öffentlich zusammenkommen“, sagte Spahn bei Sport1 und mahnte, „eine gewisse Gelassenheit und Ruhe“ zu bewahren.
Wer entscheidet über Spiel-Absagen wegen Sicherheitsbedenken?
Das Länderspiel in Hannover wurde nach einer Entscheidung der Sicherheitsbehörden des Bundes kurzfristig abgesetzt. Dort hatten sich die Hinweise auf Anschlagspläne verdichtet. Vor den nächsten Bundesliga-Spielen solle es in jedem Einzelfall eine Gefahrenanalyse geben, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth. Die Sicherheitskräfte vor Ort stünden dazu mit den zuständigen Behörden der Länder und des Bundes in engem Kontakt, teilte die DFL mit. Die Clubs müssen sich der Entschluss beugen. „Wir können nicht sagen: Das Spiel findet ohne Wenn und Aber statt. Das steht uns als Verein nicht zu“, sagte Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen.
Welche Maßnahmen sind kurzfristig zu erwarten?
In und um die Stadien werden mehr Sicherheitskräfte als gewöhnlich im Dienst sein. Die Polizei ist in erhöhter Alarmbereitschaft, auch zusätzliche Ordner werden von vielen Vereinen eingesetzt. An den Eingängen dürften sich Schlangen bilden, weil die Fans und ihre Taschen noch intensiver als bislang kontrolliert werden sollen. „Alles, was unserer Sicherheit dient, sollte uns wichtig sein“, sagte Bayer Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler, der zudem für die Zukunft erneut personalisierte Eintrittskarten nach dem Vorbild Italiens ins Gespräch brachte. Roger Lewentz, Vorsitzender der Innenministerkonferenz der Bundesländer, warnte Fans vor dem Zünden von Pyrotechnik und Böllern. Dies wäre in der aktuellen Situation „geradezu fahrlässig“, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister.
Können Fans wegen der aktuellen Lage ihre Tickets zurückgeben?
Nach der Absage des Länderspiels in Hannover bekommen Karten-Inhaber das Geld für ihre Tickets zurück. Wer aus Angst vor möglichen Terrorgefahren aber von vornherein am Wochenende nicht ins Stadion gehen will, hat nicht automatisch Anspruch auf Rückerstattung bereits gezahlter Eintrittspreise. „Erstattungsanspruch besteht nur bei einer konkreten Gefahr“, erklärte Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg in Potsdam.