Nach Transfer-Theater: Calhanoglu erstmals beim HSV
Leverkusen (dpa) - Seit dem Theater um seinen Transfer zu Bayer Leverkusen ist Hakan Calhanoglu eine Reizfigur beim Hamburger SV. „Die heißeste Rückkehr aller Zeiten“, titelte die „Hamburger Morgenpost“ vor der brisanten Fußball-Bundesligapartie am Samstag in der Hansestadt.
Sogar zum „Stadt-Feind Nummer 1“ deklarierte die „Sport-Bild“ den 20 Jahre alten Mittelfeldspieler. Dagegen versuchten die Verantwortlichen der beiden Clubs, die spannungsgeladene Atmosphäre vor dem ersten Auftritt Calhanoglus an alter Wirkungsstätte zu beruhigen.
„Ich finde, das Thema ist durch. Er spielt in Leverkusen und hatte eine schöne Zeit in Hamburg“, sagte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade. „Es gibt am Ende drei Gewinner: Der HSV hat sein Geld, der Spieler seinen Wunschverein und wir unseren Wunschspieler.“
Ob auch die HSV-Fans das so schiedlich-friedlich sehen, ist kaum zu erwarten. Den burlesken Wechselstreit - inklusive ominöser Krankschreibung - haben die Anhänger ihrem einstigen Helden nicht verziehen. „Pfiffe wird es geben. Normalerweise pfeift man die Götzes dieser Welt aus“, meinte Schade zum unschönen Willkommensritual für abtrünnige Heimkehrer. „So eine Erfahrung muss ein junger Spieler machen.“
Der türkische Nationalspieler Calhanoglu verteidigte sein ungewöhnliches Verhalten, mit dem er im Sommer seinen Wechsel durchboxte. „In Hamburg konnte ich kaum mehr rausgehen. Ich wurde von allen Seiten beleidigt. Mein Auto wurde sogar kaputt geschlagen“, sagte er jüngst im ZDF-„Sportstudio“. Der Vertrag in Leverkusen habe ihm anschließend „neue Motivation“ gegeben. Auf das Spiel beim HSV freue er sich, „wenn ich Pfiffe bekomme, ist das kein Problem für mich“. Sein ehemaliger Vereinskollege beim HSV, Heiko Westermann, kündigte an, ein „besonderes Auge“ auf Calhanoglu zu werfen: „Nach der ganzen Geschichte wird es kein schöner Empfang für ihn werden.“
Während Calhanoglus Einsatz nach einer im Pokalspiel beim 1. FC Magdeburg erlittenen Fersenverletzung zunächst fraglich war, gab es am Freitag aus der medizinischen Abteilung von Bayer 04 weitgehend Entwarnung. Mutmaßungen von HSV-Fans in den sozialen Medien, er würde die Verletzung vortäuschen, um sich den unangenehmen Auftritt zu ersparen, wies Calhanoglu zurück: „Nichts da. Ich kneife nicht.“
Auch Bayer-Chefcoach Roger Schmidt sieht keinen Grund, warum Calhanoglu nicht spielen sollte, wenn er fit ist. „Warum soll ich ihm abraten aufzulaufen? Für mich ist das kein so großes Thema“, meinte er. „Hakan hat gezeigt, dass er mit schwierigen Situationen umgehen kann. Es scheint mir nicht so, dass er zehn Stunden Einzelgespräche braucht“, sagte Schmidt. „Wahrscheinlich hoffen die HSV-Fans, dass er nicht spielen wird, weil sie wissen, dass er gut spielen kann.“
Auch der HSV bemühte sich, Anfeindungen im Keim zu ersticken. Vereinspräsident Carl-Edgar Jarchow versprach: „Spruchbänder der Fans müssen vorher bei uns angemeldet werden. Respektlose Kommentare, die den Menschen Calhanoglu verletzen, werden wir konsequent aus dem Verkehr ziehen. Wir wollen nicht, dass die Situation eskaliert.“ Den HSV-Spielern ist das Theater ziemlich egal. „Für mich ist am Wochenende die Partie Hamburger SV gegen Bayer Leverkusen. Ob mit Hakan oder ohne - das ist mir ziemlich wurscht“, sagte Lewis Holtby.