Malli-Verpflichtung Neue Bescheidenheit bei VFL: VW-Club sehnt sich nach Ruhe
La Manga(dpa) - La Manga del Mar Menor statt Tampa. Spanische Provinz statt Großstadt-Glanz in Florida. Das, was Trainer Valérien Ismaël aus reinem Pragmatismus vor knapp zwei Wochen entschieden hat, ist bezeichnend für die neue Bescheidenheit beim VfL Wolfsburg.
„Florida wäre alleine wegen des Fluges zu lang gewesen. Dazu die Zeitverschiebung. Wir hätten auf dem Weg zu den Trainingseinheiten zwei Stunden am Tag im Bus gesessen“, begründete Ismaël, warum der Tabellen-13. sich derzeit in Südspanien auf die zweite Saisonhälfte vorbereitet: „Hier ist alles optimal. Die Wege sind kürzer.“
Und alles ist beschaulicher. Der Plan, die Vorbereitung in Florida zu absolvieren, war noch von Ismaëls Vorgänger Dieter Hecking und Sport-Geschäftsführer Klaus Allofs ausgeheckt worden. Beides Protagonisten des „alten“ VfL, bei dem es dank Eigentümer Volkswagen immer größer und teurer sein durfte. Hecking arbeitet inzwischen beim Ligakonkurrenten Borussia Mönchengladbach und auch Allofs ist nach einem Katastrophenjahr für den VfL nicht mehr im Amt.
Und damit ist inzwischen einiges anders. Inzwischen werden sogar die Transfers im Hintergrund und Getöse abgewickelt. Am Donnerstagabend vermeldete der VfL die Verpflichtung des Mainzers Yunus Malli bis 2021, die sich überhaupt nicht angedeutet hatte. „Nach den turbulenten Tagen brauchen wir jetzt erstmal Ruhe. Wir müssen da ein bisschen auf die Geschwindigkeit achten“, hatte der zum Manager aufgestiegene bisherige Allofs-Assistent Olaf Rebbe der Deutschen Presse-Agentur vor dem Trainingslager gesagt.
Der Verkauf von Millionen-Missverständnis Julian Draxler, dem größten Problemfall im Wolfsburger Kader im Jahr 2016, für mindestens 42 Millionen Euro wurde noch im alten Jahr unter Hochdruck vollzogen. Neu-Einkäufe in dieser Größenordnung wird es vorerst nicht geben. Malli kostet rund 12,5 Millionen Euro. Der Niederländer Riechedly Bazoer kam für rund zwölf Millionen Euro von Ajax Amsterdam. Immerhin. Aber die Zeiten, in denen für die längst wieder vom Hof gejagten André Schürrle vor zwei Jahren oder Draxler ein halbes Jahr später jeweils deutlich mehr als 30 Millionen Euro ausgegeben wurden, sind wohl vorbei
Dies entspricht dem „Kurswechsel“, den die VW-Spitze im vergangenen Jahr gefordert hatte. In Zeiten der Krise beim durch den Diesel-Skandal angeschlagenen Mutterkonzern sind die bisherigen Summen beim VfL auch angesichts des nur noch überschaubaren sportlichen Erfolgs kaum mehr vermittelbar. Dabei stehen auch noch weitere personelle Veränderungen an.
„Unser oberstes Ziel ist, die Mannschaft und damit das gesamte Team so zu stärken, dass wir aufbauend auf den Ergebnissen der letzten Spiele weiterhin Punkt für Punkt sammeln“, sagte VfL-Aufsichtsrat und VW-Kommunikationschef Hans-Gerd Bode der dpa. Nur eben möglichst ohne Getöse. „Alles Spekulation“, heißt es neuerdings beim VfL, wenn es um Personalien geht, die zuletzt offensiver kommentiert wurden.
Zur Sehnsucht nach Ruhe gehört auch das offizielle Ende der Suche nach einem neuen Geschäftsführer Sport. Rebbe soll weiterhin die Chance haben, sich zu bewähren. Dessen erste Maßnahmen im VW-Sinne - der Verkauf von Problemfall Draxler und Vertragsverlängerungen von jungen Wolfsburger Talenten - stießen auf Wohlwollen beim Mutterkonzern. „Der VfL hat in der Weihnachtswoche wichtige personelle Entscheidungen getroffen und den Kader verändert“, sagte Bode und schloss Ismaël dabei ausdrücklich mit ein.
Die vom Trainer zuletzt befürchteten „Scharfschützen um die Ecke“, die es bei VW bei ausbleibendem sportlichen Erfolg in der Vergangenheit in der Tat gegeben hat, sucht man aktuell vergebens. Zur Sehnsucht nach Ruhe gehört freilich auch jene nach sportlicher Konsolidierung. Ismaël sollte mit seinem Team tunlichst auch in den ersten Pflichtspielen gegen Hamburg und Augsburg Erfolg haben wie bei den beiden Siegen vor der Winterpause gegen Frankfurt und in Gladbach, die ihn letztendlich im Amt hielten. Sonst ist es mit der Ruhe beim VfL schnell wieder vorbei.