Schalke 04 Oben dabei, aber unten durch
Schalke besiegt Paderborn, qualifiziert sich für die Europa League — und wird von den eigenen Fans ausgepfiffen.
Gelsenkirchen. Auch lange nach dem Abpfiff hatten sich weder Wut noch Enttäuschung gelegt. Rund 300 Anhänger des FC Schalke 04 blockierten den Haupteingang zur Gelsenkirchener Arena und wollten die Spieler zur Rede stellen. Dieses 1:0 gegen den SC Paderborn, diese desaströse Rückrunde, diese gesamte verkorkste Saison hatte den Zorn der Fans derartig geschürt, dass es Klärungsbedarf gab. Die Anhänger bekamen aber lediglich Ersatz-Torhüter Christian Wetklo zu sehen, der übrige Teil der Profis verschwand unsichtbar auf anderen Wegen.
Allerdings stellte sich der Vorstand der Schalker mit dem Marketingexperten Alexander Jobst, dem Finanzverantwortlichen Peter Peters und Manager Horst Heldt der erzürnten Menge. „Es ist einzig und allein meine Verantwortung. Ich kann mich bei euch nur entschuldigen“, rief Heldt den Fans zu. Es war ein Versuch der Versöhnung, der scheitern musste. Gut eine Stunde zuvor hatte Heldt in den Katakomben festgestellt: „Wir haben die Herzen verloren.“
Die Kluft zwischen dem Club und seinen vielen Fans ist überaus groß geworden. Selbst der glückliche Siegtreffer durch ein Eigentor von Uwe Hünemeier zwei Minuten vor dem Ende führte nicht dazu, dass sich die Gemüter beruhigten. Die Pfiffe nach Schlusspfiff waren ohrenbetäubend, was ganz im Gegensatz zum Verhalten der Zuschauer während des Spiels stand. Während der 90 Minuten protestierten sie, indem sie beinahe durchgehend schwiegen. Nur manchmal meldeten sie sich mit Sarkasmus zu Wort, etwa indem sie „So ein Tag so wunderschön wie heute“ intonierten oder Ex-Trainer Huub Stevens feierten. Oder sie präsentierten Plakate, auf denen die Führungsetage des Clubs, unter anderem Aufsichtsratschef Clemens Tönnies, hart kritisiert wurde.
Schalke hatte gegen Paderborn einen ähnlich desaströsen Auftritt hingelegt wie eine Woche zuvor in Köln. Die Ostwestfalen waren das deutlich bessere Team und der Mannschaft von Roberto Di Matteo in nahezu allen Belangen überlegen. Allerdings vergaß der SCP, aus den vielen Möglichkeiten einen Treffer zu erzielen. Es mutete deshalb beinahe wie ein schlechter Scherz an, dass der Ruhrgebietsclub den Platz als Gewinner verließ. „Wir hätten der klare Sieger sein müssen“, sagte Paderborns Trainer André Breitenreiter. „Ich habe in meiner Karriere noch nie erlebt, dass die Zuschauer sich erheben und dem Gegner Applaus spenden.“
Das Kuriose nach diesem Ergebnis sind die völlig unterschiedlichen Konsequenzen: Während die Paderborner nur noch theoretische Chancen auf den Klassenerhalt haben, qualifizierten sich die Schalker mit diesem Sieg für die Europa League. „Da bleibt sicher ein fader Beigeschmack“, sagte Heldt. Wenn selbst ein Sieg das Schalker Gemüt nicht mehr beruhigen kann, ist die Lage äußerst ernst in Gelsenkirchen. Immerhin löste sich die Blockade vor dem Stadion nach gut einer halben Stunde friedlich auf. Klärungsbedarf dürfte es in den nächsten Tagen und Wochen aber weiterhin in ausreichendem Maße geben.