Pechvogel Kirchhoff setzt Schalker Misere fort
Doha (dpa) - Die Sorgen von Schalke-Coach Jens Keller sind mit der doch schwereren Verletzung des gerade vom FC Bayern ausgeliehenen Hoffnungsträgers Jan Kirchhoff noch größer geworden. Mit der Verpflichtung von Sidney Sam zur neuen Saison gab es wenigstens eine positive Personalie.
Auf ein Testspiel gegen Trainingsnachbarn FC Bayern verzichtete Schalke in der Vorbereitung in Katar. Vor einem Jahr gab's ein sattes 5:0 - für die Münchner. Aus dem Weg gehen sich die Fußballprofis beider Vereine auf der Aspire-Anlage in Doha aber nicht, dennoch trennen die beiden Clubs aktuell Welten.
Den erwarteten Transfer von Sam machten die Schalker am Mittwoch offiziell. Für die Ablösesumme von 2,5 Millionen Euro wechselt der Leverkusener Nationalspieler im Sommer zu den Königsblauen. Endlich einmal hatte Horst Heldt gute Nachrichten zu übermitteln. „Er ist auf vielen Positionen einsetzbar, sehr ehrgeizig und möchte mit Schalke viel erreichen“, sagte Schalkes Vorstand Sport. Sam erhält einen Vertrag bis 30. Juni 2018.
Doch der torgefährliche Mittelfeldspieler löst die aktuellen Probleme des Champions-League-Achtelfinalisten auch nicht. Die dramatische Verletzungsmisere setzte sich jetzt auch mit Kirchhoff fort. „Das ist schlimm für beide Seiten, für den Spieler und den Verein“, sagte Keller zu dem Syndesmoseriss, den der 23-Jährige bei einem Trainingszweikampf am rechten Sprunggelenk erlitten hat. Kirchhoff wird nach der OP mindestens zwei Monate ausfallen.
„Das ist ärgerlich, aber so ist Leistungssport“, kommentierte Bayern Münchens Sportvorstand Matthias Sammer das Pech von Kirchhoff, den die Bayern bis Mitte 2015 nach Gelsenkirchen verliehen haben. Der ehemalige U 21-Nationalspieler sollte bei Schalke die Spielpraxis erhalten, die er im Münchner Starensemble während der Hinrunde nicht hatte. „Das ist mit der Verletzung nur verzögert“, sagte Sammer: „Die Verletzung wird ausheilen, und dann greift Jan wieder an.“
Keller und Schalke können den Ausfall nicht so gelassen wegstecken. Kirchhoff sollte im defensiven Mittelfeld die Lücke der langzeitverletzten Marco Höger und Dennis Aogo füllen. Nun wieder die beschlossene Trennung von US-Nationalspieler Jermaine Jones zu verwerfen, wäre wohl kaum eine tragfähige Lösung. Keller ließ zunächst offen, ob und wie der Verein reagieren werde.
Auch Nationalspieler Julian Draxler, Torjäger Klaas-Jan Huntelaar und das Talent Leon Goretzka fehlen im Winter-Trainingslager. Kapitän Benedikt Höwedes dreht nach einer Muskelverletzung ebenfalls bislang nur Laufrunden. „Uns bringt es letztlich nichts, wenn wir jetzt klagen, dass uns der und der Spieler fehlt“, bemerkte Anführer Kevin-Prince Boateng trotzig.
Schalke muss zum Rückrundenstart gleich punkten, wenn Platz vier und die erneute Champions-League-Qualifikation in Reichweite bleiben sollen. „Wir müssen Konstanz in unsere Auftritte bekommen“, mahnte Boateng. Auch Keller genügt die Hinrundenausbeute nicht. Er möchte vom Spielsystem her in Zukunft „variabler agieren“. Aber aktuell sind ihm die Hände gebunden: „Am Ende ist es so, dass die Spieler, die fit sind, das System vorgeben.“ Ohne Huntelaar mache es zum Beispiel keinen Sinn, „mit zwei Spitzen zu agieren“, erläuterte Keller.
Solche Sorgen und Nöte kennt sein direkt nebenan arbeitender Bayern-Kollege Pep Guardiola nicht: Der Spanier muss sich mehr Gedanken machen, welche Topspieler er auf die Ersatzbank setzt.