Peter Neururer: Nur die Zigaretten hat er verbannt

Peter Neururer über die Folgen seines Herzinfarkts, die Situation in Bochum und den FC Schalke 04.

Bochum. Peter Neururer (58) hat sich als Trainer den Ruf eines Feuerwehrmannes erarbeitet, half angeschlagenen Vereinen bereits häufiger aus der Patsche — zuletzt dem VfL Bochum. Der VfL ist der einzige Verein, bei dem er länger als zwei Jahre blieb (2001 bis 2005). Nachdem der Ruhrpottclub unter Neururer nach vier Siegen in Folge den Klassenerhalt geschafft hat, planen die Bochumer längerfristig mit dem 58-Jährigen.

Herr Neururer, herzlichen Glückwunsch, die 11-FREUNDE-Jury hat Sie zum „Typ des Jahres“ gewählt.

Peter Neururer: Witzig. Vielen Dank.

Was, glauben Sie, hat die Jury bewogen, Sie zu wählen?

Neururer: Auch wenn mich die Wertschätzung sehr freut, vermute ich, dass mir da Lorbeeren angesteckt werden, auf die ich keinen Einfluss hatte.

Wie meinen Sie das?

Neururer: Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mich wegen meines Comebacks zum „Typ des Jahres“ gewählt hätte, wenn ich nicht diesen eigenartigen Herzinfarkt gehabt hätte.

Das heißt, die Wahl hat für Sie einen faden Beigeschmack.

Neururer: Überhaupt nicht. Es ehrt mich sehr, aber auf diese Art von Comeback hatte ich nur beschränkt Einfluss. Dafür waren ein Herzinfarkt, mein Arbeitgeber, der TV-Sender „Sport1“, der mich im Gespräch hielt, und eine äußerst missliche sportliche Situation verantwortlich, in die der VfL Bochum schlidderte.

Wie war die Zeit nach dem Herzinfarkt im Juni 2012?

Neururer: So schnell, wie der Infarkt kam, habe ich mich auch wieder davon erholt. Bis auf kleine Einschränkungen — zum Beispiel, dass ich die Zigaretten aus meinem Leben verbannt habe — lebe ich wie vorher und fühle mich teilweise sogar besser.

Sie waren damals in Gefahr, abgeschrieben zu werden.

Neururer: Diese Gefahr bestand, ohne Zweifel. Früher war ich der publikumswirksame, dynamische Typ — und plötzlich der, den sie wiederbeleben mussten. Ich war ständig in Rechfertigungshaltung, denn mein Ziel war ja wieder zu arbeiten.

Und im April stand plötzlich der VfL Bochum vor dem Absturz in die dritte Liga.

Neururer: Mir war immer bewusst, wenn ein Verein in eine Extremsituation gerät, der meine Arbeit kennt, wird er nicht auf einen unerfahrenen Trainer zurückgreifen, sondern auf jemanden, der schon vergleichbare Lagen gemeistert hat. Dass es dann der VfL war, mein Herzensverein, klingt nach der Dramaturgie eines Hollywood-Drehbuchs. Das war der Wahnsinn.

Ausgerechnet Bochum . . .

Neururer: Sechs Wochen vor Saisonende habe ich noch nie einen Club übernommen. So ein Himmelfahrtskommando mache ich nur für drei Vereine — den VfL Bochum, Schalke 04 und den 1. FC Köln.

Mir vier Siegen in Folge retteten Sie den VfL vor dem Abstieg. Stimmt es, dass der Vereinsarzt ständig ihren Puls messen wollte.

Neururer: Quatsch. Nur als ich mich zwischendurch mal wieder unverhältnismäßig aufregte, wollte er mal den Puls fühlen. Da hab ich ihn angepflaumt: „Leck mich am Arsch, mir geht es gut.“ Dennoch wurden mir beim ersten Spiel in Cottbus Messgeräte angelegt.

Christian Hochstätter ist Bochums neuer Sportdirektor? Auch für Sie eine Option?

Neururer: Nach einigen Diskussionen haben wir die Option verworfen.

Warum?

Neururer: In Verbindung mit dem, was momentan in Bochum leider als Erfolg gesehen werden muss — nämlich die Klasse zu halten — wäre es unmöglich, wenn ich den Sportdirektor mache und mit einem neuen Trainer in die Saison gehe. Der arme Kerl hätte verloren, sobald er drei Spiele am Stück verliert. Dann schreit wieder jeder nach mir. Da mache ich es lieber selbst.

Sie sagten, sich die Haare blau-weiß zu färben, sei Ihre letzte Partyaktion. Werden Sie mit 58 seriös?

Neururer: Seriös war ich doch immer, nur die Schlagzeilen klangen manchmal anders. Aber machen Sie sich mal keine Sorgen, irgendwas fällt mir schon wieder ein. Entscheidend ist nur, dass ich glaubwürdig bleibe.

Wenn Sie den VfL zurück in die Erfolgsspur gebracht haben, übernehmen Sie dann Schalke 04?

Neururer: Das sagen Sie! Für mich gibt es nichts anderes als den VfL Bochum. Wie lange, das müssen wir abwarten. Vom Herzen gerne bis zum Lebensende — aber wir alle wissen, im Fußball kommt oft was dazwischen .