Borussia Dortmund - VfL Wolfsburg 5:1 (2:0) Pfiffe gegen Mats Hummels trüben BVB-Gala
Dortmund. Fast jeder hat schon einmal geliebt. Fühlte sich wie auf Wolken. Leicht. Beschwingt. Glücklich. Intensive Gefühle, die am besten nie enden sollten. Wehe, sie tun es doch. Dann kann aus der Zuneigung offene Ablehnung werden.
Im schlimmsten Fall sogar Hass.
Zwischen Teilen von Fans Borussia Dortmunds und Mats Hummels ist das momentan so. Der Kapitän hat nach achteinhalb erfolgreichen Jahren im gelb-schwarzen Dress angekündigt, zu Bayern München wechseln zu wollen. Das nehmen sie im nicht nur übel — nein, dafür strafen sie ihn mit üblen Gesängen und durchdringenden Pfiffen ab. Schade, dass eine neuerliche Gala Borussia Dortmunds beim 5:1 (2:0) gegen den VfL Wolfsburg ein ordentliches Stück weit durch die permanenten Missfallenskundgebungen gegen den 27-Jährigen überdeckt wurde.
Es war ein besonderer Tag im Leben des Nationalspielers. Einer, den er nicht vergessen wird. Umso bemerkenswerter, dass der Abwehrchef gegen die Niedersachsen mit einer vorzüglichen Leistung aufwartete. Mit einer inneren Stärke gesegnet, die nicht jeder einer solch problematischen Situation auf den Platz gebracht hätte. Der vom Branchenführer umworbene Hummels hielt nicht nur die Defensive gegen allerdings auch an Harmlosigkeit nicht zu überbietende „Wölfe“ zusammen, sondern initiierte auch immer wieder Angriffssituationen. Mit Diagonalpässen, die er mit einer Leichtigkeit wahlweise aus dem linken oder rechten Fußgelenk schüttelte, als würden diese schon in der Grundschule mit gleicher Intensität vermittelt wie das Alphabet.
Hummels hat es einfach drauf. Was die Trennung für viele besonders schmerzhaft macht. „Innerhalb der Mannschaft war die Stimmung sehr solidarisch“, sagte Trainer Thomas Tuchel. „Mats konnte sich drauf verlassen, von den Mitspielern aufgefangen zu werden.“ So war es nicht nur während der 90 Minuten teamintern ein Geben und Nehmen, sondern auch danach, als der Weltmeister von Teilen der Südtribüne bösartig beschimpft wurde. Marcel Schmelzer, der gerade erst seinen Vertrag vorzeitig bis 2021 verlängert hat, stellte klar: „Wenn ein Mitspieler die ganze Zeit ausgepfiffen wird, ist das nicht normal.“
„Es waren 300, die mich eh vorher nicht immer geliebt haben“, wusste Hummels die ambivalente Stimmung im ausverkauften Stadion sehr genau zu kanalisieren. „Ich glaube, ich bin der erste Spieler, der von den eigenen Fans ausgepfiffen wurde, obwohl er noch nicht einmal gewechselt ist.“ Auch ein Plakat schmerzte: „Der Käpt´n geht als Erster von Bord — am Besten sofort!“ Die deutliche Mehrheit bedachte den Wechselwilligen im Übrigen mit freundlichem Applaus.
Möglicherweise haben die Worte von Bayern Münchens ehemaligem Präsidenten Uli Hoeness das Fass der Emotionen erst zum Überlaufen gebracht. Er hatte gesagt: „Wenn jemand an die Tür klopft, wären wir schlecht beraten, die Tür nicht aufzumachen.“ Hummels reagierte spontan: „Das ist der größte Humbug, den ich je gehört habe.“ Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge versuchte die Wogen zu glätten: „Mats ist nicht offensiv auf uns zugegangen. Wir haben ihn gefragt, ob er sich einen Wechsel vorstellen könnte.“
Imponierend, wie der BVB die unschönen Randerscheinungen 90 Minuten lang ausblendete. Die Demonstration der mentalen Stärke wurde durch Tore von Shinji Kagawa (7.), Adrian Ramos (9.), Marco Reus (60.) und Pierre-Emerick Aubameyang (77./78.) noch nicht einmal ansatzweise ausreichend in Zahlen ausgedrückt. Der Treffer von André Schürrle zum 1:5 (86.) war nicht mehr als ein Klecks aufs Revers. Das ließ sich locker verkraften. Das Theater um Hummels nicht. Von BVB-Chef Hans-Joachim Watzke gab es eine klare Ansage in Richtung der Fans: „Einige sollten sich wirklich mal fragen, ob sie Borussia-Fans sind.“
Wolfsburg hat ganz andere Sorgen, kassierte die vierte Pflichtspielniederlage in Folge. Trainer Dieter Hecking, längst nicht mehr unumstritten: „Wir müssen schnell einen Haken dahinter machen und sehen, dass wir die letzten beiden Saisonspiele erfolgreich bestreiten.“