Preetz grübelt - Tretschok fordert Leidenschaft
Berlin (dpa) - Während in der Hauptstadt immer mehr Namen möglicher Hertha-Retter kursieren, will Interimscoach René Tretschok den verunsicherten Berliner Profis erst einmal wieder Mut und Leidenschaft einhauchen.
Pünktlich um 10.00 Uhr baten der Ex-Profi Tretschok und dessen Helfer Ante Covic zum ersten Training nach dem Rauswurf von Michael Skibbe. Und es ging gleich laut zu auf dem Übungsplatz, immer wieder feuerte der Aushilfschef sein Personal an. „Man hat erkannt, dass die Mannschaft sehr fokussiert ist und sehr leidenschaftlich gearbeitet hat“, verteilte Tretschok sein erstes Lob an Torwart Thomas Kraft und Kollegen.
Dass es am Samstag im 1000. Bundesligaspiel der Hertha gegen seinen Ex-Club, Meister und Tabellenführer Dortmund geht, ist für Tretschok Nebensache. Er will in den Trainingsstunden bis zum Samstag in die Spielerköpfe bekommen, dass für Hertha vor 70 000 Fans im Olympiastadion auch gegen den derzeit übermächtig erscheinenden BVB etwas zu holen ist. „Wir müssen die Tugenden reinbringen, die uns in die Lage versetzen, auch so ein Spiel positiv zu gestalten“, betonte Tretschok, der 1997 mit Dortmund Champions-League-Sieger geworden ist. „Leidenschaft und Willensstärke“ wolle er nun den seit zehn Bundesligaspielen sieglosen „Jungs“ von Hertha vorleben.
Dass es in Berlin und darüber hinaus immer neue Spekulationen gibt, wer die heikle Rettungsmission bei Hertha nach dem Spiel gegen die Borussia übernehmen wird, will der 43 Jahre alte Tretschok völlig ausblenden. „Ich war 17 Jahre Profi, die Erfahrung hilft. Es gehört einfach zu, dass es Nebengeräusche gibt“, sagte der einstige Mittelfeldstratege von Hertha und Dortmund. Krassimir Balakow, Bernd Schuster, Thomas Doll, Holger Stanislawski, Franco Foda, Christian Gross, Kjetil Rekdal, Jürgen Röber, Falko Götz, Peter Hyballa, Michael Frontzeck, Jolly Sverisson, Wolfgang Sidka, ja sogar Otto Rehhagel - die Diskussion über den Skibbe-Nachfolger geht wie in Berlin üblich fast an keinem vorbei.
Der nach der vierten Trainer-Trennung in seiner eineinhalbjährigen Amtszeit stark hinterfragte Preetz konnte auf einer außerordentlichen Präsidiumssitzung 32 Stunden nach der Skibbe-Beurlaubung dagegen noch keine Namen nennen. Mit der „gebotenen Sorgfalt“ wolle er den neuen Mann aussuchen, erklärte der einstige Angreifer. Nicht nur für den Manager, sondern für den ganzen Club ist es wohl die letzte Chance, den erneut drohenden Abstieg zu verhindern. Fest steht nur: Interimscoach Tretschok wird es garantiert nicht, die dafür nötige Fußball-Lehrer-Lizenz will der Nachwuchscoach erst im kommenden Jahr erwerben. Gegen Dortmund aber wird er „auf alle Fälle auf der Trainerbank sitzen“, betonte Hertha nochmals.
Für eine längere Eingewöhnung zwischen Team und den beiden neuen Trainern bleibt nicht viel Zeit, „auch wenn es nicht einfach ist für die Spieler, mit Ante und meiner Wenigkeit wieder zwei neue Leute zu sehen“. Viele Dinge will das Aushilfsduo nicht verändern, „aber die Spieler gut auf Dortmund einstellen“, betonte Tretschok. Eine erste Gesprächsrunde mit dem Spielertrio Raffael, Ronny und Adrian Ramos hatte er schon am Dienstagnachmittag angesetzt.
Erst einmal musste Tretschok im Training auf die angeschlagenen Pierre-Michel Lasogga (Oberschenkelprobleme), Felix Bastians (Zehenprellung), Lewan Kobischwili (Wadenprellung) und Andreas Ottl (Muskelfaserriss) verzichten. Der nach dem 0:5-Debakel von Stuttgart rot-gesperrt Ottl muss am Samstag ohnehin pausieren. Auch Fabian Lustenberger (Fußprellung) und Christian Lell (Muskelverletzung) und stehen derzeit nicht zur Verfügung.