Ralf Rangnick - ein Nimmermüder muss rasten
Gelsenkirchen (dpa) - Ralf Rangnick gilt im deutschen Fußball als nimmermüde. Immer irgendwie auf dem Sprung, immer up to date, immer für seinen Job im Einsatz. Das prägt ihn, egal, wo er bislang tätig war.
Selbst als er einmal mehr Muße hätte haben können, gönnte er sich keine Auszeit.
Nach seinem Ausstieg bei 1899 Hoffenheim, wo er Großes geschaffen hatte, düste er zu Jahresbeginn lieber über den Kontinent, um Spiele zu beobachten und sich weiterzubilden, als sich mal zurückzulehnen und den Akku aufzuladen.
Schnell war er wieder auf dem Markt, schnell war er wieder in aller Munde, geriet nach seinem Abgang im Kraichgau binnen kurzem wieder bei den Vereinen ins Gespräch, die einen Trainer suchten: Hamburg, Wolfsburg, Schalke.
Schalke wurde es, zum zweiten Mal schon. Und sie empfingen ihn trotz der umstrittenen „Ehrenrunde“, die er vor seinem Zwangs-Abgang bei den Gelsenkirchenern im Dezember 2005 gegeben hatte, im März dieses Jahres mit offenen Armen: „Alleinherrscher“ Felix Magath war weg, Ralf Rangnick wieder da.
Und sofort begann der Schwabe, seinen Ehrgeiz wieder auszuleben. Die Konstellation war grundsätzlich nicht schlecht, weil in Horst Heldt ein guter Bekannter aus Stuttgarter VfB-Zeiten bei den Schalkern eine Top-Position einnahm und Rangnick die Wege ebnen konnte.
Bereits am 1. April saß Rangnick im Spiel der „Königsblauen“ wieder auf der Trainerbank, beim FC St. Pauli gab es einen gelungenen Einstand. Doch das schwere Magath-Erbe war, zumindest in der Bundesliga, eine zu große Last: Zwischendurch schwebte Rangnick mit seiner Mannschaft sogar in Abstiegsgefahr, rettete sich aber auf dem unrühmlichen 14. Platz vor dem Gang in die 2. Liga.
Völlig konträr die Auftritte in der Champions League: Mit Rangnick an der Seitenlinie boten die „Knappen“ beim 5:2 als Gast von Inter Mailand am 5. April wahrscheinlich eines der besten Spieler überhaupt in der langen Schalker Club-Geschichte, zogen in die Vorschlussrunde ein und scheiterten erst dort an Manchester United. Mit dem 5:0-Pokalsieg gegen Zweitligist MSV Duisburg krönte Rangnick am 21. Mai in Berlin seine Rückkehr nach Gelsenkirchen.
Den herausragenden Part in der Trainer-Vita Rangnicks findet man indes früher: Den kleinen Dorfclub Hoffenheim führte er innerhalb von viereinhalb Jahren aus der Regionalliga bis zur Herbstmeisterschaft in der Bundesliga (2008).
Rangnick ist ein Fußball-Fachmann, der seit einem bemerkenswerten Auftritt im ZDF-Sportstudio, als er an einer Tafel vor großem Publikum die Vierer-Abwehrkette erläuterte, den Beinamen „Professor“ trägt. Doch Rangnick gilt, vielleicht speziell wegen seiner Ungeduld als Coach und einer damit einhergehenden Verbissenheit, bei seinen Fußballern nicht unbedingt als pflegeleicht. Das war so beim SSV Ulm 1846, beim VfB Stuttgart, bei Hannover 96, in Hoffenheim und „auf Schalke“.
Jetzt wird und muss sich Ralf Rangnick erst einmal auf Wesentlicheres besinnen und danach trachten, seine Gesundheit zu 100 Prozent wiederzuerlangen.