Bayern-Trainer Jupp Heynckes: „Es war wahnsinnig viel Arbeit“

Jupp Heynckes über den neuen FC Bayern, Leverkusens Entwicklung und sein persönliches Erfolgsgeheimnis.

München. Es ist das erste Treffen mit seiner jüngsten Vergangenheit. Jupp Heynckes trifft am Samstag um 18:.30 Uhr mit dem Tabellenführer FC Bayern auf seinen ehemaligen Klub Bayer Leverkusen. Auf den Klub, den er innerhalb von zwei Jahren zurück in die Champions League geführt hatte. München hat Heynckes nicht verändert, er ruht in sich, es läuft. Sportlich wie menschlich. Ein Gespräch mit dem potenziellen, neuen Meistertrainer.

Herr Heynckes, der FC Bayern macht Spaß und berauscht sich wieder an sich. Brauchte es dafür Jupp Heynckes?

Heynckes: Wir haben hier versucht, unser Konzept einzubringen. Die Balance zwischen Defensive und Offensive hat nicht gestimmt, das habe ich festgestellt, wir haben am Pressing gearbeitet, am Pass- und Positionsspiel, schneller Wechsel von Defensive auf Offensive. Die Mannschaft hat das sehr gut umgesetzt, es war aber auch wahnsinnig viel Arbeit. Aber die Spieler sind sehr diszipliniert, setzen das gut um. Den Spaß und die Freude bringen sie dann auch auf das Spielfeld.

Selbst ein Ribéry sagt, er habe den Spaß am Fußball zurückgewonnen.

Heynckes: Jeder Trainer hat seinen Arbeitsstil. In unserer heutigen Zeit ist es unabdingbar, dass Sie den Spielern den notwendigen Respekt entgegen bringen, das darf keine Einbahnstraße sein. Ich habe bei Bayern eine Truppe, wie ich sie auch in Leverkusen hatte, da macht es auch in meinem Alter Spaß. Bei allem Arbeiten und gebotener Leidenschaft dürfen Spaß und Zufriedenheit nicht zu kurz kommen.

Ein gutes Beispiel für Ihr Händchen scheint die Leistungssteigerung von Holger Badstuber zu sein. Was haben Sie mit ihm gemacht?

Heynckes: In der Führung wurde über Badstuber vor der Saison diskutiert, als es galt, die Defensive neu aufzustellen. Da habe ich gesagt: Über den müssen wir nicht diskutieren, das mache ich schon. Ich kannte Holger, weiß, wie man ihn anfassen und führen muss. Man muss ihm Sicherheit und Vertrauen geben. Er wird eine Supersaison spielen. Genauso ist es bei Kroos und Ribéry. Sie wissen, was sie mir im Training und im Spiel zurückgeben müssen.

Gibt es noch Kontakt zu Leverkusener Spielern oder Offiziellen? Hat mal ein Spieler wegen des durchwachsenen Saisonstarts um Rat gefragt?

Heynckes: Nein, und wenn es so wäre, würde ich ihnen das auch nicht sagen. Die Jungs machen ihren Job, da muss man nicht täglich telefonieren um zu wissen, dass man sich schätzt. Und dass zwei Jahre nicht nach drei Monaten schon vergessen sind. Es war ein harmonisches und respektvolles Arbeiten. Und wir hatten Erfolg.

Leverkusen leidet unter der 1:4-Blamage gegen den rheinischen Rivalen Köln.

Heynckes: Was heißt denn Blamage? Das ist ein Ergebnis, das immer wieder mal vorkommen kann. Ich kenne das doch. Dann organisiert und motiviert man sich neu. Ich kenne die Jungs, weiß, wie enttäuscht sie sind. Ich gehe davon aus, dass sich die Leverkusener Mannschaft hier anders präsentieren wird. Aber ich bin auch mit dem FC Bayern beschäftigt. Und da gibt es genug zu tun.

Trotzdem haben sie ein Jahr lang mit Michael Ballack gearbeitet. Wir beurteilen Sie dessen derzeitige Probleme?

Heynckes: Ich bin der Meinung, dass Michael schon am Ende der vergangenen Saison — und das hat er ja auch gezeigt — eine relativ gute körperliche Verfassung hatte. Die komplette Vorbereitung wird ihm zusätzlich geholfen haben. Aber es ist auch klar, dass zwei schwere Verletzungen in diesem Alter nicht leicht wegzustecken sind. Alles andere kann ich nicht bewerten.

Wie gefällt Ihnen das „neue“ Leben in München?

Heynckes: Wie ich mich hier fühle, das spiegelt sich auf dem Fußballplatz wider. Die ganze Zusammenarbeit ist optimal. Ich kenne die Führung sehr gut, die Fitnesstrainer, die Physios. So war es nicht schwer, mich hier einzugliedern.

Gehen Sie mit Münchner Stars anders um als mit den Spielern in Leverkusen?

Heynckes: Der Umgang unterscheidet sich nicht groß. Es hat auch damit zu tun, ob man eine natürliche Autorität oder eine aufgesetzte hat. Natürlich sind hier Spieler zur Weltklasse gereift. Trotzdem sind sie sehr umgänglich, lassen das nicht raushängen. Sie sind selbstbewusst, aber nicht überheblich und arrogant. Das macht es so angenehm. Ich habe in Leverkusen nicht anders gearbeitet als hier.

Sogar mit dem gleichen Partner, Peter Hermann, eigentlich ein Ur-Leverkusener. Hat er kein Heimweh?

Heynckes: Das habe ich ihm verboten. Ich habe Peter gesagt: Wir kommen zu einem Klub, der ist mit nichts vergleichbar. Da kann man sich wohl fühlen. Peter ist ein Top-Trainer, er denkt und sieht den Fußball wie ich, wir teilen eine Leidenschaft. Er steht auf einer Stufe mit mir, wir sind ein Tandem. Es ist auch sein Erfolg.