Rauball zu Hoeneß-Analyse: „Nicht dramatisieren“
Düsseldorf (dpa) - Spanische Verhältnisse in der Bundesliga? Die Dominanz von Bayern München und Borussia Dortmund schürt sogar bei Uli Hoeneß die Angst vor einer Zwei-Klassen-Gesellschaft à la Barça, Real und dem Rest der Primera Division.
Liga-Präsident Reinhard Rauball sieht aber keinen Grund zur Besorgnis. „Wir sollten nicht von einer Momentaufnahme pauschal auf die Zukunft schließen“, sagte Rauballder Nachrichtenagentur dpa. „Die Bundesliga hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gezeigt, dass es Vereine mit guter Arbeit nach ganz oben schaffen können.“
Damit reagierte er auf die paradox anmutende Ankündigung von Bayern-Präsident Hoeneß, einer zu großen Überlegenheit der beiden Halbfinalisten der Fußball-Champions-League entgegenwirken zu wollen. „Es gibt ein großes Leistungsgefälle in der Liga. Das kann uns nicht recht sein. Wir müssen analysieren, warum das so ist“, sagte Hoeneß dem „Kicker“. Der Vereinschef des deutschen Rekordmeisters will nach der Saison gemeinsam mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke Lösungsvorschläge erarbeiten.
„Natürlich gibt es derzeit ein erhebliches Gefälle mit Blick auf die Tabelle. Dennoch sollte man nicht dramatisieren“, meinte Rauball, der auch Präsident des BVB ist. Schließlich habe es in den Jahren von 2003/04 bis 2012/13 fünf verschiedene deutsche Meister und fünf verschiedene DFB-Pokalsieger gegeben, die laufende Saison nicht mit eingerechnet. „Das liegt auch an der solidarischen Verteilung der Medienerlöse im Rahmen der Zentralvermarktung“, erklärte er. Und die von der Liga gerade getätigten Verteiler-Beschlüsse haben für die kommenden vier Jahre Gültigkeit.
„Die wirtschaftliche Konzentration der Umsätze und Medieneinnahmen ist in Deutschland geringer als in Spanien“, argumentierte Rauball. Denn die beiden Top-Clubs machten bei uns etwa 30 Prozent der Gesamtumsätze der Bundesliga aus, in Spanien sei es das Doppelte.
„Die Spreizung zwischen größeren und kleineren Vereinen ist nicht größer geworden“, stellte Peter Peters, Sportvorstand beim FC Schalke 04 und Liga-Vizepräsident, fest. Den derzeitigen Abstand zum FC Bayern und den BVB müsse man deshalb nicht akzeptieren. „Eine wichtige Rolle spielt auch, wie Vereine wirtschaften“, meinte er.
Klaus Allofs, Sportdirektor des VfL Wolfsburg, ist überzeugt, dass die Münchner in den nächsten Jahren nicht mehr so dominant auftreten werden. „Die Bayern müssen die Topleistungen dieser Saison in der nächsten Spielzeit bestätigen“, sagte er der „Welt“. „Vor sieben, acht Jahren hat mein Kollege Heribert Bruchhagen prophezeit, dass die Bayern bald keiner mehr stoppen kann. Doch in den letzten zwei Jahren war Dortmund Meister.“
Die Bayern wurden in diesem Jahr der früheste Meister der Liga-Historie und streben dem Triple entgegen. Die Dortmunder erreichten nach zwei Meistertiteln in Serie in diesem Jahr wie die Münchner das Halbfinale der Champions League. Am Wochenende gewannen die Bayern mit einer B-Elf 4:0 gegen Nürnberg, der BVB siegte 6:1 in Fürth. „Wir sehen Handlungsbedarf. Es kann auf Dauer nicht sein, dass solche Ergebnisse zustande kommen“, meinte Hoeneß. Die Verhältnisse in Spanien schrecken ab. Seit dem Titelgewinn des FC Valencia 2004 kam der Meister entweder aus Barcelona (6) oder Madrid (3). Noch herrscht in der Bundesliga mehr Vielfalt. Doch die Entwicklung der vergangenen vier Jahre, in denen ausschließlich die Bayern und die Borussen triumphierten, gibt Anlass zur Sorge.
So nimmt der FC Bayern aus der zentralen Vermarktung von UEFA, DFL und DFB in dieser Saison über 100 Millionen Euro ein. Der entthronte Titelverteidiger aus Dortmund, der allein in der Champions League bisher über 55 Millionen Euro erlöste, liegt nur knapp dahinter. „Die Kluft zwischen in der Champions League spielenden Mannschaften und den anderen Vereinen isr riesengroß - und sie wird immer größer“, monierte Heribert Bruchhagen, Vorstandsvorsitzender von Eintracht Frankfurt, bereits vor einer Woche.