Rehhagel contra Heynckes: Duell der Altmeister
Berlin (dpa) - Es ist das Duell der Altmeister, doch beide Trainer sehen dies nur als Nebensache. Am 24. November 1979 waren Jupp Heynckes und Otto Rehhagel zum ersten Mal als Bundesliga-Trainer aufeinandergetroffen - Heynckes' Gladbacher hatten gegen Rehhagels Düsseldorfer mit 2:1 gewonnen.
Mehr als 32 Jahre später sind beide wieder Kontrahenten. Der 66-jährige Heynckes will trotz einer Erkältung am Samstag (18.30 Uhr) zum 600. Mal als Bundesliga-Trainer auf der Bank sitzen. „Er soll sich anstrengen, dann kann er mich auch überholen“, scherzte der sieben Jahre ältere Rehhagel.
Was die Zahl der Siege in der Bundesliga betrifft, hat Heynckes den in Berlin als Retter verpflichteten Rehhagel bereits abgelöst: 459 Mal war er als Spieler und Trainer erfolgreich; „König Otto“ steht bei 455 Siegen. Dass am 26. Spieltag der laufenden Saison Nummer 456 hinzukommt, wäre eine Sensation, obwohl Rehhagel so oft wie kein anderer Trainer (18 Mal) gegen den FC Bayern gewonnen hat. „Auch gegen einen übermächtigen Gegner muss man seine Chance nutzen und darf nicht vor Ehrfurcht erstarren. Das hab' ich gar nicht gern“, erklärte Rehhagel vor dem Duell Abstiegs- gegen Meisterkandidat.
Rehhagel und Heynckes - beide stehen wie kein anderer aktueller Protagonist in der Beletage des deutschen Fußballs für Historie und Gegenwart gleichermaßen. Der derzeitige Münchner Coach hat 369 Partien (220 Tore) als Profi und 599 Partien als Fußball-Lehrer auf dem Buckel. Rehhagel hat in der Bundesliga 201 Mal gespielt (22 Tore) und coachte 823 Mal. Erfahrung ist wieder gefragt in der Welt des Profifußballs. Sir Alex Ferguson (Manchester United) und Giovanni Trapattoni (Irland) stehen noch mit 70 oder mehr Jahren an der Seitenlinie. Der FC Liverpool hat seine Vereinslegende Kenny Dalglish (61) nach fast 20 Jahren als Cheftrainer zurückgeholt.
„Ich habe eine Schatztruhe an Erfahrungen. Da dürfen die Spieler reingreifen“, sagt der 73-jährige Rehhagel in Berlin immer wieder. Doch seine Rettungsmission kommt bisher nicht so recht voran. „Wir sind in der allerschwierigsten Situation“, gestand der Hertha-Trainer vor dem Duell gegen die wiedererstarkten Bayern, die in den jüngsten zwei Pflichtspielen jeweils sieben Tore produzierten. Berlins Profis wurde der TV-Konsum der Münchner Galavorstellungen nicht erspart. „Da gibt's nichts zu verschweigen, das haben alle gesehen. Das war Pflicht“, meinte Rehhagel. „Wir können uns keinen einzigen Ausfall erlauben. Rennen und Kämpfen ist das Mindeste, was man tun kann.“
Bayern-Sportdirektor Christian Nerlinger vermutete schon mal, dass Rehhagel kräftig „Beton anrühren lässt“ vor 74 244 Fans im WM-Endspielstadion von 2006. „Vor dem Spiel muss Nerlinger irgend etwas sagen, er wird bombardiert und gelöchert. Man wird Samstag sehen, wie wir das angehen“, erklärte Rehhagel. Dass er von 1995 bis 1996 als Chefcoach des FC Bayern seine unglücklichste Zeit erlebte, wollte der Oldie nicht thematisieren: „Das war 1995.“ Es gehe eben in einer Karriere immer mal rauf und runter: „Ich habe zu Bayern das allerbeste Verhältnis.“
Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat die damals legendäre Mütze mit der Aufschrift „Otto find ich gut“ nach einem Jahr eingemottet, erklärte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Freitag launig: „Es freut mich, dass Otto auf die Bühne zurückgekehrt ist. Er steht mit 73 noch immer seinen Fußball-Mann.“ Gegen Bayern wünsche er Rehhagel zwar kein Glück: „Aber ich hoffe, dass er Hertha in der Bundesliga halten kann“, betonte Rummenigge.