Rigoroser Rangnick wirft hin - Pezzaiuoli folgt
Zuzenhausen (dpa) - Projektleiter Ralf Rangnick hat aus seiner Niederlage im Kräftemessen mit Mäzen Dietmar Hopp Konsequenzen gezogen und nach eigener Darstellung als Trainer von 1899 Hoffenheim aufgegeben.
„Vor zwei Tagen habe ich noch gedacht, dass ich Trainer in Hoffenheim bleibe. Doch damit ist mir klar geworden, dass die TSG einen Trainer wie mich nicht mehr braucht“, sagte Rangnick, der beim Fußball-Bundesligisten noch einen Vertrag bis 2012 besaß. Den letzten Anstoß gab der sofortige Wechsel von Luiz Gustavo zum FC Bayern München.
Allerdings bleiben die wahren Gründe für die Trennung unklar und werden immer dubioser. Hopp, der derzeit in Florida im Urlaub weilt, sagte der Heidelberger „Rhein-Neckar-Zeitung“, er habe Rangnick bereits am 30. Dezember mitgeteilt, dass es am besten sei, wenn sich die Wege zwischen Coach und Verein trennen würden.
Ausschlaggebend sei eine E-Mail Rangnicks vom 23. Dezember gewesen, in der sich der 52-Jährige laut Hopp im Ton vergriffen habe. „Das war richtig heftig. Extrem heftig. Unter anderem hat der Trainer mit seinem Rücktritt gedroht“, sagte Hopp, der deshalb keine Veranlassung sah, den Trainer noch über den Verkauf von Luiz Gustavo zu unterrichten.
Erst durch den Berater des Neu-Hoffenheimers David Alaba hatte der 52-Jährige von dem Neujahrs-Transfer erfahren. Den 15-Millionen-Deal hatte der ehrgeizige Coach unbedingt verhindern wollen und den öffentlichen Disput mit dem mächtigen Hopp nicht gescheut. Der Unternehmer legte Rangnick nach viereinhalb Jahren viel beachteter Zusammenarbeit und dem rasanten Aufstieg aus der Regionalliga ins Fußball-Oberhaus keine Steine in den Weg.
Neuer Chefcoach bei den Kraichgauern wird der bisherige zweite Co- Trainer Marco Pezzaiuoli, der einen Vertrag bis zum 30. Juni 2014 erhält. „Wir wollen diesen Vertrag auch leben“, sagte Manager Ernst Tanner. „Marco ist ein absoluter Fachmann“, sagte Tanner über den neuen Chefcoach, den Rangnick im Sommer 2010 noch selbst vom Deutschen Fußball-Bund geholt hatte. Dort hatte Pezzaiuoli drei Jahre lang diverse Jugend-Nationalmannschaften betreut.
Der 42-Jährige feierte beim Hallenturnier in Mannheim sein Debüt. Die Mannschaft war über die Entwicklungen nicht informiert. „Das kam überraschend“, gestand Mittelfeldstratege Sejad Salihovic.
Rangnick hielt bei seiner Verabschiedung noch einmal sprichwörtlich das Zepter in der Hand, das ihm im Streit mit Hopp über die Zukunft des Clubs aber immer mehr aus der Hand geglitten war. Locker und gelöst, fast schon ein wenig befreit trat der Schwabe zusammen mit den Hoffenheimer Verantwortlichen vor die Presse, um das Ende seiner Ära im Kraichgau zu erklären.
Lange Zeit habe zwischen ihm und dem Club eine „Edelsymbiose“ bestanden, sagte Rangnick. Doch in letzter Zeit war im einst beschaulichen Verein der Konflikt zwischen den beiden Protagonisten Hopp und Rangnick immer öfter ausgebrochen. Während Rangnick in die Europa League strebte und dafür weitere Investitionen forderte, sieht Hopp seine TSG als Ausbildungsverein, der sich über Transfererlöse auch selbst finanziert.
Im vergangenen Sommer wurde deshalb bereits Carlos Eduardo für mehr als 20 Millionen Euro nach Russland verkauft. Aus dem gleichen Grund forcierte Hopp nun auch den sofortigen Transfer von Luiz Gustavo zum FC Bayern München, der laut Tanner „mehr als 15 Millionen Euro“ in die Kassen spült. Zudem kommt der 18 Jahre alte Mittelfeldspieler Alaba auf Leihbasis bis zum Saisonende. Diese Richtungsentscheidung konnte Rangnick nicht mehr mittragen.
„Der einzigartige Erfolg des Durchmarsches in die erste Liga ist und bleibt eng mit dem Namen von Ralf Rangnick verbunden“, ließ Hopp aus Florida mitteilen. Es sei durchaus verständlich, dass Rangnick nun „Herausforderungen in anderen Dimensionen sucht und damit naturgemäß in Hoffenheim an Grenzen stößt“. Die Trennung vom Trainer bedeute nicht, dass der Verein nun keine ambitionierten sportlichen Ziele mehr verfolge. „Diese müssen sich aber an unseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen orientieren“, sagte der Software- Milliardär.
Der Abschied vom langjährigen Erfolgscoach wurde schließlich durch die Art und Weise forciert, wie der Wechsel von Luis Gustavo zum FC Bayern München über die Bühne ging. Hinter Rangnicks Rücken verhandelte Hopp zusammen mit Manager Ernst Tanner und Gustavos Berater Roger Wittmann mit den Bayern über einen Transfer schon in der Winterpause. „Das war für mich das letzte Zeichen, dass es für mich hier nicht mehr weitergeht“, sagte Rangnick. Nachdem sich der Verein im Sommer bereits von Manager Jan Schindelmeiser getrennt hatte, geht in Rangnick nun der zweite Hoffenheimer Baumeister.