Vorwurf an die Politik Rummenigge zu Neymar-Transfer: „Andere Philosophie fahren“
München (dpa) - Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hat im Zuge des Megatransfers von Neymar der Politik Versäumnisse vorgeworfen.
„Bevor 2011 Financial Fairplay eingeführt wurde, war ich diverse Male mit dem damaligen UEFA-Präsidenten Michel Platini in Brüssel bei der EU-Kommission. Es gab ein Ziel: die Einführung eines Salary Caps (Gehaltsobergrenze) auf europäischer Ebene. Das ist immer abgelehnt worden“, erklärte Rummenigge in einem Interview der „Sport Bild“. „Ich frage mich, warum die Politik vor 2011 nicht den gemeinsamen Wunsch der UEFA sowie der Klubs unterstützt hat. Mit der Hilfe der Politik hätten wir alles lösen können.“
Ein Wechsel wie der von Neymar für die Weltrekordablöse von 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain hält Rummenigge mit der Vereinspolitik des deutschen Fußball-Rekordmeisters für nicht vereinbar.
„Ich habe mir im Zuge der Neymar-Verpflichtung einmal die Frage gestellt, was wichtiger wäre: Neymar oder eine Allianz Arena? Da muss ich klar sagen, dass uns die Allianz Arena lieber und wichtiger ist“, versicherte der 61-Jährige. „Wir als FC Bayern müssen eine andere Philosophie fahren: Wir wollen das nicht, wir können das auch nicht. Das ist auch in Ordnung so. Das wird auch von der Öffentlichkeit und unseren Fans, so denke ich, für richtig befunden.“
Schalke-Sportvorstand Christian Heidel sieht nach dem Neymar-Transfer gleich mehrere Warnzeichen. „Die Gefahr besteht, dass Fußballvereine zum Spielzeug werden. Wenn Katar keine Lust mehr auf Paris hat, ist der Geldhahn morgen zu“, sagte der 54-Jährige der Wochenzeitung „Die Zeit“.
In Deutschland verhindere die 50+1-Regel den Einstieg ausländischer Investoren als Mehrheitsgesellschafter. „Aber in Italien, bei den beiden Mailänder Vereinen, mischen jetzt auch schon chinesische Unternehmen mit. Es besteht die Gefahr, dass Vereine ihre Identität verlieren“, ergänzte Heidel.
Im Transferfall Neymar, der vom FC Barcelona nach Paris wechselte, zweifelt Heidel an der Tauglichkeit der Financial-Fair-Play-Regeln des europäischen Verbandes UEFA. Man müsse sich an die Spielregeln halten. „Aber vielleicht muss man die Regeln auch ändern, wenn der Wettbewerb gefährdet ist“, sagte Heidel.
Die UEFA müsse nun bewerten, ob beim Neymar-Wechsel die Statuten umgangen worden seien, wonach die Clubs nur das ausgeben dürfen, was sie im operativen Fußballgeschäft erwirtschaften. „Es würde mich nicht wundern, wenn die Prüfung ausgeht wie das Hornberger Schießen“, meinte Heidel hierzu. Er glaubt aber nicht, dass Paris Saint-Germain Sanktionen riskiere. Heidel: „Die haben mehr Anwälte als Fußballspieler und sind sicher nicht naiv.“
Heidel stellt sich generell die Frage, ob der normale Fan das Ganze noch verstehe. „Viele halten die Summen im Fußballgeschäft für unmoralisch, verständlicherweise. Aber stellen Sie sich mal vor, Schalke 04 und nicht Paris hätte Neymar präsentiert. Das Ruhrgebiet hätte kopfgestanden. Die Fans hätten uns gefeiert.“