Sammer legt los: Titel statt Selbstmitleid

München (dpa) - Matthias Sammer will beim FC Bayern als neuer starker Mann eine „Aufbruchstimmung erzeugen“ und den Dreifach-Vize der vergangenen titellosen Saison auf Anhieb wieder zur Nummer 1 in Deutschland machen.

„Bei der ersten Mannschaft haben wir überhaupt keine Zeit. Da wollen, müssen und werden wir auch sofort erfolgreich sein“, sagte der 44 Jahre alte Siegertyp und Querdenker bei seiner offiziellen Vorstellung als neuer Sport-Vorstand des Fußball-Rekordmeisters. Er werde seine Aufgabe mit der „nötigen Bescheidenheit, auch demütig, aber auch selbstbewusst angehen“.

Mit deutlichen Worten und klaren Zielvorgaben trat „das neue Herzstück des FC Bayern“, wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den bisherigen DFB-Sportdirektor bezeichnete, seinen zunächst auf drei Jahre vertraglich befristeten Posten an. Selbstmitleid sei absolut fehl am Platze, Alibis werde man nicht dulden, betonte Sammer: „Da müssen wir vom ersten Tag an klar die Richtung vorgeben.“

„Die Denkweise des Vereins, die auch mich schnell befallen hat, ist nicht klein, sie ist groß“, betonte er. Eine Kampfansage an seinen Ex-Club Borussia Dortmund, mit dem er als Spieler 1997 Champions-League-Sieger wurde und den er 2002 zur deutschen Meisterschaft führte, verkniff sich der neue Hoffnungsträger: „Man respektiert, was passiert ist.“ Der Blick gehe aber nur nach vorne. Man müsse ganz auf sich selbst schauen, „auf die eigene Stärke“.

Nicht reden, sondern „richtig arbeiten“ lautet das Erfolgs-Credo von Sammer, der Trainer Jupp Heynckes mit ganzer Kraft unterstützen will. Als Notfall-Trainer stünde er nicht bereit. Die vielen junge Spieler besäßen „Entwicklungspotenzial“, den gestandenen Stars will er Dampf machen. Sie könnten „wachsen im Persönlichkeitsprofil“.

Präsident Uli Hoeneß, der Sammer im Alleingang vom DFB zum Rekordmeister gelotst hatte, erwartet viel von dem Querdenker und Spezialisten in der Nachwuchsförderung. „Ich bin sehr, sehr glücklich, dass diese Entscheidung für uns gefallen ist.“ Wenn der FC Bayern rufe, sei das „etwas Besonderes“, gestand Sammer. Dass die Erwartungen an das erste Sammmer-Jahr sehr hoch sind, dokumentierte Rummenigge: „Wir wollen im nächsten Jahr wieder Titel!“

Vor der Präsentation in der Münchner Arena, wo die Bayern 45 Tage zuvor ihre zweite titellose Saison in Serie mit der bitteren Pleite im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea abgeschlossen hatten, sah Sammer auf dem Vereinsgelände beim Trainingsstart zu. Gemeinsam mit Rummenigge und Finanzvorstand Karl Hopfner hatte er in der Kabine die Spieler in einer rund zehnminütigen Ansprache auf die kommende 50. Bundesliga-Saison eingestimmt. Ein erstes Strategie-Gespräch mit Vorstand und Coach Heynckes gab es auch schon am ersten Arbeitstag: „Wir haben ein paar Themen, Inhalte, Personalien besprochen“, sagte Sammer. Der sündhaft teure Mittelfeldspieler Javier Martinez von Athletic Bilbao bleibt ein Kandidat. „Qualität kostet“, sagte Sammer.

Heynckes hatte beim Aufgalopp nur ein Rumpfaufgebot seines Kaders zur Verfügung. Die EM-Teilnehmer weilen noch im Urlaub, erst nach und nach werden Millionen-Zugang Mario Mandzukic vom VfL Wolfsburg, Franck Ribéry, Arjen Robben und die acht deutschen Nationalkicker um Kapitän Philipp Lahm das Training aufnehmen. „Drei Wochen Urlaub genügen. Ich hatte als Spieler nie so lange Urlaub“, sagte Sammer zu möglichen EM-Nachwirkungen zum Saisonstart.

Neben Sammer schauten die Fans hauptsächlich auf die Neuzugänge Xherdan Shaqiri (FC Basel), Dante (Borussia Mönchengladbach), Ersatztorhüter Tom Starke (1899 Hoffenheim), Talent Mitchell Weiser (1. FC Köln) und Rückkehrer Claudio Pizarro (Werder Bremen).

Heynckes hat knapp sechs Wochen Zeit, um die Mannschaft bis zum Prestigeduell um den Supercup gegen den Meister und Pokalsieger Borussia Dortmund am 12. August in der Allianz Arena in Form zu bringen. Richtig ernst wird es eine Woche später im DFB-Pokal gegen Zweitliga-Aufsteiger SSV Jahn Regensburg sowie am 25./26. August im ersten Punktspiel beim Bundesliga-Neuling Greuther Fürth.