Sammer nach Bayern-Sieg: Angreifen statt stöhnen
München (dpa) - Stolperstart? Sturz ins WM-Loch? Nichts da! Die Bayern kamen im Eröffnungsspiel der Fußball-Bundesliga mit allen Handicaps klar.
Angeführt von seinen Weltmeistern zerstreute der Meister beim 2:1 gegen den VfL Wolfsburg mit etwas Glück erst einmal alle Zweifel am ungebrochenen Erfolgshunger seiner Stars. „Wir sind auch Fighter“, verkündete Thomas Müller, der ebenso wie der bärenstarke WM-Dritte Arjen Robben als Torschütze die Vorbereitungsdefizite einfach verdrängte und gleich wieder 90 Minuten vorneweg marschierte.
Die Ouvertüre der 52. Bundesliga-Saison machte jedenfalls Lust auf mehr. „Es hätte auch 4:1, 5:2 oder wie auch immer ausgehen können. Das wird eine hochemotionale Saison, da kann sich der Fan in Deutschland drauf freuen“, resümierte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge. Und klar ist: Der Titel führt wieder nur über die Bayern, allen WM-Nachwehen und verletzten Topspielern zum Trotz.
„Hintenraus hat uns die Kraft gefehlt, aber wir wollten unbedingt diese drei Punkte haben“, berichtete Kapitän Philipp Lahm. Von „noch viel Luft nach oben“ sprach Robben, der ursprünglich dachte, dass die Kraft nur für einen Kurzeinsatz reichen würde. „Ich war überrascht.“ Die Auftaktpleite des großen Rivalen Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen verschönerte dem Titelverteidiger noch das Wochenende. „Wenn man gewinnt, ist man immer entspannter“, sagte Rummenigge.
Der Alltag hat die WM-Stars wieder. Nach dem 1:2 von Ivica Olic mussten die Brasilien-Helden beißen, wie Weltmeister Müller einräumte. „Wir haben aktuell nur Beine für 65 bis 70 Minuten“, meinte Pep Guardiola. Trotzdem wollen der Trainer und auch Sportvorstand Matthias Sammer die Handicaps ihrer Stars nicht mehr ständig thematisieren. „Es ist alles gesagt zu unserer Situation. Wir müssen aufhören, uns mit den Problemen zu beschäftigen. Die sind da, die kann jeder sehen“, sagte Sammer und machte eine klare Ansage: „Wir müssen raus aus der Konstellation, dass alles ein bisschen schwierig ist. Jetzt müssen wir angreifen, richtig angreifen!“
Gas geben, so wie am Samstag beim Empfang der neuen PS-starken Dienstwagen, lautet die Marschroute der nächsten Arbeitswochen. Wichtige Spieler wie Jérôme Boateng, Franck Ribéry oder Rafinha kommen sukzessive zurück. „Das wird die Situation entspannen, das gibt dem Trainer mehr Möglichkeiten“, erklärte Rummenigge schon mit Blick auf das erste Auswärtsspiel am Samstag beim FC Schalke.
„Wir haben die richtigen Typen“, sagte Müller. Dazu kommen Jungs, die in die Bresche springen. Nationalspieler Holger Badstuber spielte bei seinem Bundesliga-Comeback nach 20 Monaten Verletzungspause im Abwehrzentrum, als wäre er nie weg gewesen. Youngster Gianluca Gaudino verblüffte bei seinem Erstliga-Debüt alle. „Ich bin erstaunt, dass ein 17-jähriger Bursche bei Bayern München in der ersten Mannschaft eine solche Leistung abliefert“, sagte Rummenigge.
Auch beim Gegner stand ein Youngster im Fokus. Junior Malanda (19) brachte das Kunststück fertig, seinen von Weltmeister Manuel Neuer an die Latte abgewehrten Schuss im Nachsetzen aus einem Meter neben das Münchner Gehäuse zu bugsieren (79.). „Ich muss es mit einem Lächeln nehmen“, sagte der Belgier. Es wäre das Tor zum 2:2 gewesen. „Seinen Eintrag in den Jahresrückblick hat er wohl sicher“, sagte Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking. Er vermisste nicht nur in der Slapstick-Szene „Konsequenz und Abgezocktheit“ vor des Gegners Tor.
„Ärgerlich“ fand auch Manager Klaus Allofs die verpasste Chance: „Wenn du 0:2 hinten liegst, kannst du gegen die Bayern eigentlich nichts mehr machen. Aber diesmal wäre etwas möglich gewesen.“ Mit jeder Woche Abstand zur WM könnten derartige Aussichten schwinden, auch wenn Hecking glaubt: „Diese Saison werden die Bayern nicht so durchmarschieren.“