Schwabe, Bayer, Engländer Serge Gnabry: Der moderne Wanderarbeiter
Windischgarsten/Österreich (dpa) - Langjähriger Wahl-Engländer, Ex-Bremer, ursprünglich Schwabe, Vater Ivorer, eigentlich Profi des FC Bayern, aber doch erstmal Hoffenheimer. Serge Gnabry verkörpert wie kaum ein anderer Fußballprofi eine Art des modernen Wanderarbeiters - immer im Zeichen der Karriere.
Und das mit gerade einmal 22 Jahren. Die Leihgabe vom FC Bayern München ist bei 1899 Hoffenheim angekommen, zumindest im Trainingslager in Windischgarsten. Zurechtfinden muss er sich noch.
Zum Glück ist das Freizeit-Outfit junger Fußballer international kompatibel: Gnabry erschien in Oberösterreich mit Sonnenbrille, modischem Baseball-Cap, Umhängetasche und in weißen Sneakers. Ein paar Kollegen kennt der Offensivspieler auch schon, zum Beispiel den ebenfalls von Werder gekommenen Florian Grillitsch und Nadiem Amiri, der wie Gnabry kürzlich mit der DFB-Auswahl U21-Europameister wurde.
Kurz davor hatte der zweimalige Nationalspieler in München einen Dreijahresvertrag unterzeichnet. Die Ausleihe zum Champions-League-Qualifikanten Hoffenheim war seit Wochen ein Thema, dennoch sagte Bayern-Trainer Carlo Ancelotti noch: „Serge wird bei uns starten. Nach der Vorbereitung werden wir eine Entscheidung treffen.“ Diese fiel dann aber bereits vergangenen Freitag, an Gnabrys Geburtstag. „Ich war im Urlaub und habe den Tag auf einem Boot verbracht, als mein Berater anrief und sagte, dass mit der TSG alles fix sei. Darüber habe ich mich riesig gefreut.“ Fragen zu seiner Zukunft hatte er zu diesem Zeitpunkt längst „satt“.
Ist er denn nun Hoffenheimer - oder doch irgendwie Münchner? „Ich habe bei den Bayern unterschrieben und mir das gründlich überlegt. Ich fühle mich als ein Teil des FC Bayern“, erklärte Gnabry. Zuvor hatte er seinen Wechsel so begründet: „Ich will viel Spielpraxis sammeln. Ich weiß, dass ich hier viel lernen kann.“ Und: „Man weiß, dass der Kader beim FC Bayern anders ist.“ Beim Meister hätte er möglicherweise oft auf der Bank gesessen.
Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen bestritt übrigens vehement, dass man 2 Millionen Euro Leihgebühr für ein Jahr bezahlen würde - „das ist jenseits unserer Vorstellungskraft“. „Serge ist ein hochtalentierter und wirklich spannender Spieler, der viel Tempo auf den Platz bringt“, sagte Trainer Julian Nagelsmann. Bei der TSG will Gnabry „am liebsten auf der Zehn oder links“ spielen.
Sich schnell auf neue Begebenheiten einstellen, das kennt er längst: Bereits als Jugendlicher wechselte Gnabry vom VfB Stuttgart zum FC Arsenal, wurde später an West Bromwich ausgeliehen, spielte insgesamt fünf Jahre in England, ehe er nach Bremen ging und dort nach elf Toren in 27 Bundesliga-Spielen eine Ausstiegsklausel zog.
Ob ein Argument für Hoffenheim auch die Rückkehr in seine Heimat gewesen sei? Der gebürtige Stuttgarter zuckte die Schultern: „Heimat ist immer Heimat. Die Familie ist immer da, selbst wenn ich außerhalb spiele.“ Nestwärme hat für ihn wohl längst mehr mit der Mannschaft und seinem Status zu tun als mit Geografie. Zumal er nach dieser Saison wohl wieder weiterziehen wird. „Ich weiß, wohin mein Weg in den nächsten Jahren führen soll“, betonte Gnabry. Für die Bayern muss er sich - Vertrag hin oder her - erstmal weiter empfehlen. Gnabry: „Ich denke, auch in einem Jahr ist da wieder große Konkurrenz.“