Sexy „Alte Dame“: Die zurückgewonnene Lust auf Hertha
Berlin (dpa) - Mitglieder-Rekord, Schuldensenkung, erfolgreiches Team: Gute Nachrichten haben bei Hertha BSC derzeit Konjunktur. Die lange Zeit abgeschriebene „Alte Dame“ ist wieder in. Finanziell gibt es allerdings keinen Grund zur Entwarnung.
Von donnerndem Applaus begleitet verließ die Mannschaft von Hertha BSC um 20.10 Uhr den Saal 1 im Berliner ICC. Präsident Werner Gegenbauer hatte die Profis mit den Worten: „Die müssen ins Bett“ von der Mitgliederversammlung des Fußball-Bundesligisten verabschiedet. Dank der attraktiv und erfolgreich aufspielenden Mannschaft herrscht prächtige Stimmung im Umfeld des früheren Skandalclubs und eine zurückgewonnene Lust auf die lange als unsexy geltende „Alte Dame“ Hertha. Dass den Aufsteiger immer noch hohe Schulden drücken und der Verbleib in der ersten Liga überlebenswichtig ist, blenden derzeit viele Anhänger allerdings aus.
Es war ein Abend der guten Botschaften: Finanzchef Ingo Schiller verkündete den rund 1400 Anwesenden den Schuldenabbau von 5,2 Millionen Euro binnen eines Jahres. Präsident Gegenbauer teilte mit, dass der Verein mittlerweile 30 000 Mitglieder zählt - das ist Rekord. „Wir haben lange gebraucht, um diese Marke zu knacken“, fügte der mächtige Hertha-Boss hinzu. Hierzu passt, dass der Club für das Rückrundenspiel Ende März gegen Triple-Sieger FC Bayern München am ersten Tag des Verkaufs über 15 000 Tickets veräußerte - so viel wie noch nie innerhalb von 24 Stunden. Im Schnitt füllen bis jetzt über 55 000 Zuschauer das Olympiastadion - kalkuliert haben die Berliner mit 47 500.
Auch deshalb rechnet der Aufsteiger für das laufende Geschäftsjahr 2013/2014 mit Mehreinnahmen von einer Million Euro. „Wir haben eine schwarze eins geplant“, teilte Schiller mit. Die gute sportliche Entwicklung der Hertha mache sich auch in der wirtschaftlichen Situation bemerkbar: „Beide befruchten sich gegenseitig“. Wegen der guten Platzierung (Rang sieben) würden noch gesteigerte TV-Einnahmen hinzukommen und langfristige Sponsorenverträge wie etwa mit Ausrüster Nike bis 2025.
Der Hauptgrund für die Senkung des Schuldenberges von 42 Millionen auf 36,8 Millionen Euro (Stand: 30. Juni 2013) liegt indes nur in vorgezogenen Zusatzeinnahmen aus dem Verkauf der Catering-Rechte im Olympiastadion. Hertha hat diese Rechte, die der Club ab dem 1. Juli 2014 besitzt, für die Jahre 2014 bis 2020 für eine Einmalzahlung von rund zehn Millionen Euro an einen Investor verkauft. Damit tilgte Hertha Teile seiner Schulden bei Banken und besserte die Bilanz auf. Künftig wird der kommende Caterer aber nicht an Hertha zahlen, sondern an den Investor.
Um den immer noch hohen Schuldenberg weiter abtragen zu können, „müssen wir uns aber langfristig in der Bundesliga etablieren“, verkündete Schiller. Nur über weitere sportliche Erfolge der Mannschaft kann sich der Verein auch finanziell von den beiden Abstiegen 2010 und 2012 nachhaltig erholen. Angesichts der übertriebenen Erwartungen einiger Fans, die schon vom internationalen Geschäft träumen, appellierten die Vereinsoberen erneut an die Vernunft. Stellvertretend für alle sagte der Aufsichtsrats-Vorsitzende Bernd Schiphorst: „Bitte, bitte, bleibt auf dem Boden!“