Applaus trotz Minus: Werder rechnet mit Verlust

Bremen (dpa) - Werder macht auch im kommenden Jahr Millionen-Verluste - doch die Vereinsmitglieder klatschen brav Beifall.

Nachdem Klaus Filbry erstmals als Vorsitzender der Geschäftsführung die Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres präsentiert hatte, gab es von den rund 300 Stimmberechtigten wohlwollenden Applaus. Dabei hatte der Werder-Boss in seiner wenig emotionalen Rede bereits für die nächste Bilanz unmissverständlich angekündigt: „Wir werden erneut ein negatives Geschäftsergebnis haben.“

Keine Buhrufe, keine Pfiffe, obwohl die SV Werder Bremen GmbH & Co kg aA auf ein Nachsteuerergebnis von minus 7,9 Millionen Euro kommt. Bereits 2011/12 hatte Werder mit 13,9 Millionen Euro ein Minus ausgewiesen. In der leicht heruntergekommenen Turnhalle an der Hemelinger Straße scheint die heile Werder-Welt trotzdem noch in Ordnung.

Ein wenig verwundert stellte der im Februar eingestellte Sport-Geschäftsführer Thomas Eichin fest: „Ich habe schon andere Versammlungen mitgemacht, da ging es turbulenter zu.“ Seinen ersten Besuch bei den Werder-Mitgliedern empfand der neue Manager als „ruhig und gesittet.“

Tatsächlich geht es den Bremern ja auch finanziell deutlich besser als einigen anderen Clubs. Die erneuten Verluste kann Werder aus der eigenen Kasse zahlen, die Rücklagen aus den fetten Jahren sind noch nicht ganz aufgebraucht. „Die Fehlbeträge der letzten Jahre und des kommenden Jahres sind durch die wirtschaftlichen Erfolge der Vorjahre möglich“, erklärte Filbry.

Beim Ligakonkurrenten Hertha BSC Berlin etwa, der fast zeitgleich seine Zahlen präsentierte, konnte der Schuldenberg nur durch frühzeitig verbuchte Einnahmen der Zukunft auf 36,8 Millionen Euro gedrückt werden. Werder besitzt hingegen noch ein Eigenkapital von 16,5 Millionen Euro. „Wir haben vorgesorgt für raues Wetter“, kommentierte Willi Lemke, der Chef des Aufsichtsrates.

„Wir haben das Minus fast halbiert“, rechnete Lemke vor. Ohne die Abfindungen für die Trennung von Thomas Schaaf und seinem Trainerstab wäre der Verlust geringer gewesen. Noch zwei solcher Jahre, dann wäre aber auch bei Werder das angesparte Geld weg.

„Das Minus belastet“, gab Lemke zu. Mehr als 20 Millionen Minus gab es auch, weil die Bremer „gegengesteuert haben“, wie der Chef des Aufsichtsrates es nennt. Der Club habe weiter in die Mannschaft investiert, damit sie wettbewerbsfähig bleibt. „Das ist der Beweis dafür, dass wir nicht geizig sind“, sagte Lemke.

Schuldzuweisungen an Klaus Allofs, den Vorgänger von Filbry und von Eichin, gab es bei der Mitgliederversammlung nicht - auch nicht von Lemke. Vor wenigen Tagen hatte Lemke noch von Transferflops, „bei denen ich heute noch in Ohnmacht falle“, gesprochen.

„Dazu möchte ich mich nicht nochmal äußern“, sagte Lemke nun und schob lediglich hinterher: „Es gab Dinge, die sind nicht optimal gelaufen.“ Filbry sagte, ohne direkt über Allofs zu sprechen: „Wir hatten einige Spieler, die über ihren Zenit waren und zu viel Geld verdient haben.“

Dazu gab es missglückte Einkäufe. In der aktuellen Bilanz sind beispielsweise noch 3,639 Millionen Euro für aufgelöste Rückstellungen für Carlos Alberto verbucht. Der Brasilianer gilt in Bremen als Synonym für rausgeschmissenes Geld in der Ära, als Werder sechsmal in der Champions League spielte. Allerdings sind in dieser Zeit auch die Gewinne erwirtschaftet worden, mit denen nun die Verluste ausgeglichen werden.