Gegen Wolfsburg Viele Chancen, keine Tore: Frankfurt verliert
Frankfurt/Main (dpa) - Niko Kovac rechnete alles haargenau auf. „Wir haben heute sieben glasklare Chancen gehabt. Wir haben in Freiburg fünf glasklare Chancen gehabt. Und wir haben in zwei Spielen schon viermal Aluminium getroffen“, sagte der Trainer von Eintracht Frankfurt.
Allein: Seine Mannschaft hat in dieser Bundesliga-Saison noch kein einziges Tor geschossen. Dem 0:0 in Freiburg folgte eine 0:1 (0:1)-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg. Das erste Heimspiel der neuen Saison und auch die Startelf-Premiere des neuen Stars Kevin-Prince Boateng endeten mit einer großen Enttäuschung.
Das entscheidende Tor vor 46 000 Zuschauern schoss Daniel Didavi schon in der 22. Minute. Boateng stand dagegen nur bei einer Szene im Mittelpunkt: Da pfiff Schiedsrichter Benjamin Cortus nach einem Foul an dem früheren Schalke- und AC-Milan-Star zunächst Elfmeter für Frankfurt, nahm diese Entscheidung nach dem Einsatz des Videobeweises aber wieder zurück. Boateng hatte bei der Aktion im Abseits gestanden (28.). „Dafür sind die Video-Schiris da“, sagte der 30-Jährige hinterher in einem Sky-Interview und zuckte mit den Schultern. Viel mehr ärgerte ihn: „Wir waren heute die bessere Mannschaft.“
Das stimmte ohne Frage. Die Eintracht hatte allein zwischen dem Wolfsburger Führungstreffer und dem Halbzeitpfiff vier dicke Chancen durch Boateng (35.), Sebastien Haller (41.), Jonathan de Guzman (44.) und einen Lattenschuss von Mijat Gacinovic (45.+2.). Auch das Gegentor durch einen schönen Konter über Joshua Guilavogui und Didavi fiel aus Frankfurter Sicht sehr unglücklich. Denn unmittelbar zuvor hatte Neuzugang Haller per Kopfball nur den Pfosten getroffen (21.).
„Wir haben die Chancen leider nicht gemacht. Das zeigt, dass wir uns da noch verbessern müssen und werden“, sagte Kovac. „Aber die Anzahl der Chancen stimmt mich froh. Wir müssen jetzt kein Trübsal blasen. Ich bin weiterhin sehr optimistisch.“
Diese Niederlage nur auf die Chancenverwertung zu schieben, greift aber zu kurz. Vor allem in der zweiten Halbzeit spielte die Eintracht viel zu fehlerhaft und planlos. Gerade die erfahrenen Neuzugänge in diesem mit insgesamt elf Einkäufen runderneuerten Team enttäuschten: de Guzman, Gelson Fernandes, auch Boateng.
Und der VfL? Der verhinderte mit diesem Sieg einen völligen Fehlstart in die neue Saison. Schließlich war der Auftakt mit 0:3 gegen Borussia Dortmund in die Hose gegangen. „Wir haben um jeden Meter gekämpft“, sagte Trainer Andries Jonker. „Ja, es gibt fußballerisch Luft nach oben. Trotzdem bin ich über den Sieg sehr froh.“
Der Niederländer reagierte auf die Pleite gegen Dortmund mit massiven taktischen wie personellen Veränderungen. Mit vier neuen Spielern in seiner Startelf ließ Jonker den VfL in einem 3-4-3-System agieren, in dem der Mittelfeldmann Ignacio Camacho den Abwehrchef gab.
20 Minuten lang ging das auch gut. Die Wolfsburger bestimmten das Spiel auf geschickte Weise, weil sie den erwarteten Frankfurter Druck durch lange Ballstafetten gar nicht erst aufkommen ließen. Doch nach dem Führungstor überließen sie der Eintracht komplett das Spiel. Auch nach der Pause verließen sich die Wölfe nur auf die Frankfurter Unzulänglichkeiten, statt selbst die Entscheidung zu suchen.
Torschütze Didavi kritisierte das mit deutlichen Worten. „Wenn ich uns im Training sehe, verstehe ich nicht, warum wir hier nach 20 Minuten das Fußballspielen einstellen“, sagte er. „Wir haben richtig gute Kicker im Team, wir können viel besser Fußball spielen. Ich habe andere Ansprüche an Wolfsburg, weil ich weiß, was wir können.“