Sportpsychologe: Götze muss unter Pfiffen nicht leiden

Berlin (dpa) - Mario Götze muss sich bei seiner Rückkehr nach Dortmund am Samstag auf Pfiffe und wütende Fans gefasst machen. Doch die Leistung des Bayern-Spielers müsse darunter nicht zwangsläufig leiden, sagt Mentaltrainer Thomas Graw, der die österreichische Fußball-Nationalmannschaft betreut.

Wie Spieler sich mental gegen die Ablehnung der Zuschauer wappnen können, erklärte er der Nachrichtenagentur dpa.

Was spürt ein Spieler, wenn er von Zehntausenden ausgepfiffen wird, die ihn bis vor Kurzem noch geliebt haben?

Thomas Graw: Das hängt natürlich vom Typ ab. Es muss nicht unbedingt bedeuten, dass da jemand einen Riesendruck verspürt, wie man das meistens annimmt. Wenn ich es schaffe, das als eine Herausforderung zu verarbeiten, dann habe ich natürlich eine wesentlich höhere Selbstsicherheit.

Falls das nicht gelingt, leidet dann die Leistung?

Graw: Das kann sein, muss aber nicht. Wenn ich mich selbst einer besonderen Erwartungshaltung aussetze, also denke, jetzt muss ich besonders gut spielen, dann kann es sein, dass ich nervöser werde. Und wenn es dann in den ersten Minuten nicht so gut läuft, kann sich die Nervosität verstärken und Selbstvertrauen verloren gehen.

Wie kann sich ein Spieler auf diese Situation vorbereiten?

Graw: Auf zwei Ebenen. Man muss erkennen, dass die eigenen Fähigkeiten völlig unabhängig davon sind, wie die Menschen zu einem stehen. Je häufiger ich das trainiert habe, desto leichter kann ich es abrufen in solchen Situationen. Zweitens muss ich mir verdeutlichen, dass ich mir auf der moralischen Ebene selbst nichts vorzuwerfen habe - dass der Wechsel völlig legitim war. Das ist im Fall Götze besonders wichtig. Zudem hilft es, wenn ein Spieler Rückhalt in der Mannschaft spürt, sich aufgehoben fühlt.